Hallo zusammen,
ein CoPo von Ela und mir.
<RPG>
Zeit: MD 99.1745
Ort: Büro CNS
Es war ein langer und sehr intensiver Tag gewesen, mit vielen Höhen und Tiefen. Nazira hatte sich damit auseinandersetzen müssen, ob, oder eher eigentlich, dass sie genau nicht dazu bereit wäre, einen Symbionten zu bekommen. Die Nachricht, dass es nicht notwendig werden würde hatte sie einerseits heilfroh, andererseits aber vor allem sehr müde zurückgelassen. Immerhin war sie damit aber nun in der Lage, ihre Termine einzuhalten. Der letzte des Tages stand nun an, und dann freute sich die CNS auf den Feierabend. Dusche, Essen, Bett klangen alle drei überaus verlockend.
Als die erste Offizierin das Büro zögerlich betrat, war Nazira bereit. Sie hatte am Nachmittag sogar kurz Zeit gehabt, mit Dr. Renal zu sprechen und in die entsprechenden Akten zu schauen. Sie lächelte Samantha freundlich an und deutete auf eine Sitzgelegenheit.
„Möchten Sie etwas trinken?“ fragte Nazira, während sie bereits auf dem Weg zum Replikator war. Samantha nickte kurz. „Ja bitte einen Kaff… nein bitte einen Früchtetee. Ich will ja heute nacht schlafen können,“ erwiderte sie schließlich zögerlich. Samantha hatte ein wenig schlafen können. Entsprechend Shays Vorschlag, oder besser Anweisung, hatte sie sich auf der Krankenstation ein Schlafmittel geben lassen und damit tatsächlich schlafen können. An ihrem übermüdeteten Aussehen hatte dies freilich nicht viel geändert. Kurz hatte Sam überlegt, dies mit Make-up zu kaschieren, doch das hätte vermutlich mangels Übung schrecklicher ausgesehen, als zuvor. Daher hatte Samantha ihr Gesicht so belassen, wie es war.
Auch Nazira hatte sich ihr Lieblingsgetränk, einen großen schwarzen Tee mit Milch und viel Zucker, repliziert und sich anschließend zu Samantha gesetzt. Während die beiden Frauen an ihren Getränken nippten, musterte die Counselor die EO. Sie musste dabei nicht einmal unauffällig sein, denn Samantha starrrte nachdenklich in ihren Tee.
„Also,“ brach nach einer Weile Nazira das Schweigen, „wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“
Endlich sah Samantha auf. „Ich brauche Hilfe.“
Dieser Satz hing eine Weile im Raum, ehe Sam sich dazu aufraffen konnte, weiterzureden. Sie hatte sich das schon sehr genau überlegt, hatte sie doch lang genug Zeit gehabt darüber nachzudenken, was sie mit der Counselor besprechen wollte. Entsprechend hatte sie sich aufgeschrieben, was sie sagen wollte. trotzdem fiel es ihr nicht leicht.
„Ich komme nicht damit zu recht, wer ich in der Anomalie gewesen bin und was ich getan habe. Ich habe das Gefühl, die Bürgermeisterin verfolgt mich und lässt mich nicht schlafen.“
Nazira nickte langsam. Ja, von den vielen verschiedenen Ergebnissen dessen, wie die Anomalie Verborgenes zutage gefördert hatte, war das der EO eines der härteren. Einen Moment lang suchte die Counselor nach der richtigen Frage. Doch zunächst benötigte sie mehr Details. „Inwiefern fühlen Sie sich von Ihrem Ich aus der Anomalie verfolgt?“ fragte sie daher langsam, leise und mitfühlend, ihr Gegenüber genau musternd, ohne dabei aufdringlich zu sein.
„Ich habe das Gefühl, sie zu sein, oder… eher, dass sie mich übernimmt. Ich denke,“ Samantha runzelte nachdenklich die Stirn, „ich gebe Ratschläge, die ich früher nie gegeben hätte. Gemeine Dinge. Oder aber ich denke, dass ich besser geeignet bin, das Schiff zu führen als es Shay… ich meine Cpt. Ruthven macht.“ Sie lächelte gequält. „Es tut mir leid, das ist vermutlich gerade etwas konfus. Ich hatte es mir aufgeschrieben und nun doch vergessen. Also,“ Sam atmete tief durch, „die Bürgermeisterin in mir, ich also, habe in Reedale Dinge getant, die nicht in Ordnung sind. Das macht mir ein schlechtes Gewissen. Aber vor allem habe ich das Gefühl, dass manche dieser Wesenszüge nach wie vor in mir sind und darum kämpfen, die Oberhand zu gewinnen.“ Fragend sah Samantha zu Nazira. „Ich hoffe, das war jetzt nicht zu verworren?“
Nazira lächelte nur ganz leicht und schüttelte sacht den Kopf. „Nein, machen Sie sich bitte keine Sorgen. Ich verstehe, was Sie meinen.“ Die Trill machte eine kurze Pause und trank einen Schluck Tee, während sie weiter überlegte. Ihre grünen Augen sahen der EO nachdenklich und mitfühlend in die ihren. „Diese Wesenszüge der Bürgermeisterin… würden Sie mir zustimmen, wenn ich sie als zielstrebig, durchsetzungsfreudig, ambitioniert und dominant beschreiben würde?“ fragte sie dann langsam.
Samantha lachte auf, es war aber kein fröhliches Lachen. „Ich würde eher sagen herrschsüchtig, selbstsüchtig, durchtrieben und das Unglück anderer in Kauf nehmend. Sie war eine gute Schauspielerin.“ Sie schüttelte unglücklich den Kopf. „Ich fürchte, als Bürgermeisterin habe ich nur nach außen eine gute Figur abgegeben. Und ich habe Angst. Davor, was passiert, wenn ich auch hier immer mehr so werde und davor, dass mir keiner mehr vertrauen kann, wenn erst die Wahrheit über mich bekannt wird.“
Nazira runzelte leicht die Stirn. „Ist es das denn? Die Wahrheit über Sie, Samantha?“ Wie sie es meist während einer Therapiesitzung tat, sprache sie ihre Patientin mit Vornamen an. „Was ist mit der Samantha, die vor der Anomalie existiert hat? Hören Sie in sich hinein: ist sie denn weg?“ Auch diesmal wieder kam die Frage leise, langsam und sanft. Die Counselor versuchte zu erreichen, dass Sam nachdachte, bevor sie antwortete.
Und das tat Samantha auch. Diese Frage war an sich nicht schwer zu beantworten. Die alte Samantha, sie selbst, war noch da. Sie war es ja, die mit der neuen Samantha kämpfte. „Ich habe das Gefühl, beide zu sein. Ich bin die Samantha von früher, Offizierin, Technikerin und gleichzeitig bin ich die Bürgermeisterin. Ich habe nie das Gefühl nur ‚ich‘ zu sein, verstehen sie? Ich habe Angst, dass ich mein altes Ich immer mehr verliere. Ich habe mich verändert, und diese Veränderung gefällt mir nicht. Ich kann sie aber auch nicht rückgängig machen.“ Samantha blickte Nazira an, in ihren Augen ein gequälter Ausdruck.
Nazira nickte langsam. „Sie haben das Gefühl, als hätten sie eine zweite Samantha, die mit der alten um die Vorherrschaft ringt, richtig? Nicht nur zwei Seiten von sich selbst, sondern Sie… sehen sie wie ein… anderes Wesen an, einen Eindringling?“
Die EO nickte stumm.
Die CNS sah kurz unter sich und sie dachte kurz an die Müllerin. „Wir alle, die wir in der Anomalie waren und uns entschlossen haben, unsere Erinnerungen zu behalten, kämpfen bisweilen mit diesem Gefühl, doch je weiter unser Verhalten dort von unserem üblichen Verhalten abgewichen ist, umso schwieriger ist es, diese… andere Seite von uns selbst zu akzeptieren.“ Ihr Blick kam wieder zurück zu Sam. „Die Eigenschaften, die Sie beschrieben haben… können stets von verschiedenen Blickwinkeln aus betrachtet werden“, führte sie aus. „Herrschsüchtig – Dominant, Durchsetzungsfähig. Selbstsüchtig – Ambitioniert. Das Unglück anderer in Kauf nehmend – Zielstrebig.“ Nazira setzte die Adjektive, die sie selbst verwendet hatte, den Beschreibungen von Sam gegenüber. „Viele dieser Eigenschaften sind, wenn sie nicht ausufern, nützlich und sogar hin und wieder notwendig. Vor allem, wenn man einen Führungsposten bekleidet.“
Nazira sprach nach wie vor langsam und sanft, ihrem Gegenüber Zeit gebend, das Gesagte aufzunehmen. „Wenn Sie diese Charakterzüge nicht in ihrer extremen Form sondern in ihrer Grundform betrachten – erkennen Sie diese dann eventuell wieder? Als…Teil der ‚alten‘ Samantha? Wenn vielleicht auch deutlich schwächer?“ Aufmerksam beobachtete sie Sam. Die Trill hoffte, dass sie das tat – denn nur so konnte der schwierige Prozess der inneren Akzeptanz einen Anfang finden.
Die Stirn in Falten legend, dachte Samantha nach. Sie hatte sich bisher nie als zielstrebig oder durchsetzungsfähig betrachtet. Aber sicherlich steckten diese Eigenschaften in ihr drin. Das stimmte. Sie wusste in der Regel, was getan werden musste und konnte ihre Leute dazu bringen, das dann auch zu erledigen. War das durchsetzungsfähig und zielstrebig? Womöglich.
„Nun,“ begann Samantha nach einer Pause stockend, „vielleicht trafen manche dieser Eigenschaften auf mich zu, teilweise zumindest.“ Sam war sich nur nicht ganz sicher, ob das, was das entsprechend bedeutete, ihr wirklich gefiel. Hieß das dann nicht auch, dass sie die Bürgermeisterin war? War das nun schlimmer oder besser als die Befürchtung, irgendwann zur Bürgermeisterin zu werden?
Sie nickte langsam und nachdenklich. „Sie meinen also, es gibt nicht die alte Samantha _und_ die Bürgermeisterin, sondern das alles zusammen bin ich?“
Die Stimme der kleinen Trill wurde noch ein wenig wärmer. „Jeder von uns trägt viele verschiedene Seiten, viele unterschiedliche Ichs in sich. Häufig sind diese unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile – sie werden auch Ego-States genannt – mit bestimmten Rollen verknüpft, die wir im Laufe eines Lebens einnehmen müssen oder stammen aus verschiedenen Lebensabschnitten. Samantha, die Tochter ihrer Eltern, ist gewiss im Verhalten anders, als Samantha, die erste Offizierin, oder Samantha, die Freundin. Auch Samanta, das kleine Kind von früher spielt gewiss eine Rolle. Manche halten sich sehr im Verborgenen, oder werden von uns bewusst oder unbewusst unterdrückt. Nur sie selbst können wissen, wieviele verschiedene Persönlichkeitsanteile alle gemeinsam die Person Samantha DeCoster ausmachen und um welche es sich handelt. Ich könnte Ihnen jedoch helfen, sie zu finden, zu identifizieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, wenn Sie das wünschen.“ Nazira machte eine kurze Pause und trank noch einen Schluck Tee.
Dann fuhr sie fort: „Wir können uns nur gesund und ausgeglichen fühlen, wenn unsere verschiedenen Anteile zusammen arbeiten, gleichberechtigt. Wie… eine Brückencrew, die das Schiff lenkt. Jeder hat seine Rolle und seine Aufgabe, in Kommunikation mit den anderen. Je nach Situation, übernimmt mal der eine die Führung, mal der andere. Wenn jedoch ein Ungleichgewicht herrscht, und einer oder mehrere unterdrückt werden, oder einer versucht, die anderen zu dominieren, dann merken wir dies deutlich.“
Eine weitere Pause. „Nach vielen Gesprächen mit Crewmitgliedern in den letzten Tagen ist mir klar geworden, dass in der Anomalie andere Persönlichkeitsanteile von vielen von uns zutage getreten sind, als üblich. Meine Vermutung ist, dass Crewmitglieder, die mit sich selbst im Gleichgewicht waren, sich kaum anders verhalten haben,als sie es üblicherweise tun – und nur diejenigen von uns, bei denen das nicht ganz der Fall ist, sich plötzlich deutlich anders verhalten haben.“
Sie blinzelte ein paar Mal und lächelte Sam beruhigend an. „Das ist keine Wertung, Samantha. Sie haben nichts falsch gemacht. Ich denke… sie müssen Ihr Gleichgewicht wiederfinden.“
Abwartend lehnte sich die kleine Trill zurück und wartete auf die Reaktion der EO.
Im ersten Moment klang das für Samantha erschreckend. Wenn sie nicht im Gleichgewicht war, was war sie dann, und vor allem, wie sollte sie das anstellen, eben jenes wieder zu finden? Erst nach einer Weile drang jedoch der zweite Aspekt zu ihr durch. Es bedeutete auch, dass für sie Hoffnung bestand. Sie musste nur die Balance ihrer Persönlichkeiten wieder herstellen. Dazu kam, dass sie offenbar nicht ganz allein mit diesem Problem war. Zumindest, wenn sie die Worte der Counselor richtig deutete.
Nachdenklich sah Samantha zu Nazira. „Wie kann ich das anstellen, mein Gleichgewicht wiederzufinden?“
Das Lächeln der Counselor wandelte sich nun zu einem erfreuten solchen. „Es wird Zeit kosten. Und selbstverständlich werde ich Sie gerne dabei begleiten, wenn Sie das möchten, Samantha.“ sagte sie mit Zuversicht in der Stimme. „Aber Sie können es schaffen, dessen bin ich mir sicher. Zunächst wäre es wichtig, alle Ihre unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile zu identifizieren. Ein Gefühl für sie zu bekommen, sie kennenzulernen, und ihnen Raum zu geben. Wenn Sie diesen Weg gehen möchten, würde ich jedoch vorschlagen, dass wir regelmäßige Termine hierfür vereinbaren – einen pro Woche? Und das Ganze langsam angehen. Möchten Sie?“ fragte die kleine silberhaarige Frau nun, ihren Kopf leicht schief legend, während sie auf Sams Antwort wartete.
Diesmal nickte Samantha ohne zu zögern. Ihr gefiel der Gedanke nicht, der Bürgermeisterin Raum zu geben, dennoch wollte sie das angehen. Schon allein, um irgendwann wieder schlafen zu können. „Danke, das möchte ich wirklich.“
Sie war erleichtert darüber, dass Nazira sie nicht sofort für dienstuntauglich erklärt hatte und offensichtlich sogar einen Plan hatte, wie sie diese ganze Situation in den Griff bekommen konnten. Samantha lächelte die Counselor an.
„Wirklich, danke, ich glaube, schon das heute hat mir geholfen.“
Erneut lächelte Nazira sie an, offen und herzlich. „Das freut mich, Samantha. Für heute möchte ich vor allem, dass Sie eins mitnehmen: Sie sind nicht allein mit diesen Gefühlen. Und ich werde Sie nicht damit allein lassen.“ Sie lehnte sich kurz vor, drückte die Hand der anderen Frau leicht und erhob sich dann. Der heutige Termin war vorbei,doch es würden noch viele kommen. „Ich stelle Ihnen eine Terminserie ein, und ich freue mich auf unsere zukünftige gemeinsame Arbeit.“ Mit viel Zuversicht in der Stimme brachte die Counselor ihre neueste Patientin zur Tür. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend, Samantha. Bitte versuchen Sie, sich zu entspannen.“
„Nochmal vielen Dank,“ nickte Samantha erleichtert, „für Ihre Zeit und dass Sie mir helfen werden.“ Sie lächelte vorsichtig. „Ich wünsche Ihnen jetzt auch einen schönen Abend. Es war ein harter Tag. Ich hoffe Sie können nun ebenfalls entspannen.“
Nachdem sich die Tür hinter der EO gschlossen hatte, rutschte das Lächeln vom Gesicht der kleinen Trill und kurz rieb sie sich die Nasenwurzel. Sie freute sich wirklich darüber, das Samantha zu ihr gekommen war, sie wollte und würde ihr helfen. Wenn nur diese ständig stärker werdenden Kopfschmerzen nicht wären…
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Zeit: MD 99.1745
Ort: Büro CNS
Erste Therapiesitzung von Sam bei der CNS.
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submitted by
Lt.Cmdr. Samantha DeCoster Lt. Nazira Tapai
EO USS Hephaistos CNS USS Hephaistos
aka aka
Ela Debora