Whisky, Cola, Apfelschorle
By shanses72@… (Assets)
Copo Mac und Assets – ganz vielen lieben Dank!
<RPG>
# Zeit: MD 1.1430
# Ort: Bereitschaftsraum CO, USS Hephaistos
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Shay nahm wahr, wie unterschiedlich die Hände, die Handgelenke aussahen, die Farbe der rechten Hand, blasser, heller, unwirklich wirkend. Was war nur mit Jynah passiert? Mit seiner einstmals besten Freundin, mit der er viele Nächte verbracht hatte, einige Male nur mit reden, andere Male – mit anderen Beschäftigungen. Er wusste um ihren Unfall. Um den Plasmaleitungsbruch. Um ihren Einsatz, bei dem sie ihr Leben eingesetzt hatte, um andere zu retten. Auch das gehörte zu ihr und mehrfach hatte er auch Angst um sie gehabt, bei verschiedenen Aktionen, für die sie sich freiwillig gemeldet hatte.
Auch Jynah atmete einmal tief durch. Das was sie da hingelegt hatte, _WAR_ so nicht in Ordnung. Da war ihr wieder einmal ihr Temperament durchgegangen. Tam würde sie mit einem missbilligenden Blick tadeln und auf die mangelnde Selbstkontrolle hinweisen. Und ein kleines bisschen schuldig fühlte sie sich jetzt doch. Nun, da war immernoch der Inhalt der Tasche und sie gab ihm nicht die Zeit, sich zu sammeln: „Shay, es tut mir leid, ich hatte eigentlich nicht diesen Auftritt vor, aber… ach, Scheisse. Verdammt“, sie war immernoch wütend, aber nun auch auf sich selbst und trotzdem musste sie es wissen: „Bevor wir anderes besprechen: Wo liegt Arcadia und wieso glaubt irgendwer ich habe Dich geheiratet? Und… verdammt, weshalb starren mich alle Leute hier an, als hätten sie einen Geist gesehen?“
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Er hörte ihre Worte und doch dauerte es bis diese in seinen Verstand einsickerten. Zu beschäftigt war er noch damit sich jedes Detail dieser Frau die da so plötzlich bei ihm aufgetaucht war einzuprägen und mit seiner Erinnerung zu vergleichen.
Dann fuhr seine Hand kurz an den Kommunikator.
„Ruthven an Mosley.“ begann er.
[Sir?] kam es auch prompt zurück.
„Wann ist das Treffen auf K7?“ wollte Shay wissen während Jynahs Beherrschung schon wieder an ihre Grenzen ging.
[Um 16-Hundert, Sir.] kam erneut schnell die Antwort.
„Danke, blockieren Sie meine Zeit bis dahin – ich möchte nicht gestört werden.“ verlangte Shay dann und deaktivierte die Verbindung bevor Mosley das noch bestätigen konnte.
Jynah knirschte kurz mit den Zähnen, war aber auch froh das Shay sich offensichtlich Zeit für sie nahm. Nicht unbedingt selbstverständlich, nach ihrer Aktion. Genausogut hätte er sie einfach von Bord beamen lassen können.
„Setz dich bitte.“ meinte er dann und deutete auf das Sofa mit dem kleine Tischchen. „Möchtest du etwas trinken?“ war dann die nächste Frage die er stellte, während er zum Replikator trat.
Jnyah ging zu dem besagten Sofa, warf ihm aber wieder einen kurzen wütend blitzenden Blick zu.
„Ich will Antworten!“ beantwortete sie seine Frage und Shays Mundwinkel zuckten kurz.
Schließlich stellte er ein Glas Wasser sowie ein leeres Glas vor Jynah ab. Sich selbst hatte er ebenfalls ein Glas Wasser repliziert. Bevor er jedoch auf dem Sessel ihr gegenüber Platz nahm, ging er noch zu einer der Vitrinen und nahm eine Flasche mit goldgelbem Inhalt heraus. Diese stellte er neben das leere Glas von Jynah, dann setzte er sich.
„Es könnte sein das du das brauchst wenn ich fertig bin.“ erklärte er seine Handlungen kurz und Jynah hob die Augenbrauen. Der Schotte lehnte sich zurück und musterte sie erneut.
„Wo fang ich an…“ sprach er dann mehr zu sich selbst als zu ihr. Er hatte keine Ahnung wie oft und wie vielen Leuten er von der Zeit in der Anomalie erzählt hatte in den letzten Wochen, aber das hier war anders.
„Arcadia?“ fragte Jynah mit einem leicht genervten Unterton zurück und diesmal lächelte Shay wirklich.
Dann seufzte er und trank einen Schluck von seinem Wasser, während Jynah unruhig auf dem Sofa hin und her rutschte.
„Wie du weißt, galten wir 3 Monate als tot beziehungsweise verschollen in einer Anomalie.“ begann er dann. „Die Wesen die in dieser Anomalie leben haben Fähigkeiten die ich kaum beschreiben kann. Sicher ist das sie uns keinen Schaden zufügen wollten aber auch nicht einfach so mit uns kommunizieren konnten. Daher haben sie uns… wie soll ich das beschreiben… Sie haben unsere Erinnerungen und Geschichten genommen und uns daraus eine Welt gebaut. Eine sehr mittelalterliche fantastische Welt in der es Einhörner gab und Drachen und Magie.
Dummerweise hat diese Aktion dafür gesorgt das wir völlig vergessen haben wer wir sind und uns völlig auf das Leben in dieser Welt fokussiert und auch Erinnerungen an ein komplettes Leben in dieser Welt hatten.
So wurde aus Shay dem Captain dort Shay der Einhornzüchter. Elli war nicht meine Frau sondern meine Schwester und Einhorn-Reiterin. In dieser Welt gab es zwei Ortschaften. Einmal Reedale und einmal Arcadia. Ich wohnte in Arcadia.“ erzählte er langsam und suchte nach den richtigen Wörtern.
„Was bei allen Göttern hat das mit mir zu tun? Das erklärt auch nicht die ganzen Blicke und Begegnungen hier an Bord!“ begehrte Jynah auf, der das ganze deutlich zu langsam ging.
„Nun wie gesagt wir hatten Erinnerungen an ein komplettes Leben in dieser Welt. In dieser fremden Welt warst du – zumindest in unseren Erinnerungen ebenfalls dort. Du hast in der Gerbergasse gelebt und wir haben uns beim Frühlingsfest vor 6 Jahren mit einem Sprung über das Osterfeuer verlobt. Im Sommer hat uns der Pfarrer von Reedale verheiratet und während ich mich um die Einhörner und die Felder gekümmert habe, hattest du Haus, Hof und Hühner unter dir. Wir haben 2 fast 3 Jahre glücklich zusammen gelebt und der Abend an dem du mir sagtest das du schwanger bist, war mit der Glücklichste, den ich in meiner Erinnerung habe.“
Jynah wurde sichtlich blass und nahm nun auch einen Schluck Wasser.
„Die Nacht der Entbindung war wiederum der schrecklichste Moment in meiner Erinnerung. Es gab ein heftiges Unwetter. Die Wege waren von umgestürzten Bäumen versperrt, so dass die Hebamme nicht kommen konnte. Ich habe dann nach den Elfen gerufen aber… auch die kamen zu spät und ich wusste nicht was ich tun musste.
T’Vala hat mir dann erklärt das das Baby sich nicht gedreht hatte und noch dazu sich die Nabelschnur um den Hals gewickelt hatte. Als dann endlich jemand kam der helfen konnte, war es zu spät. Du hattest zuviel Blut verloren und das tote Kind…“ Shay stockte und holte tief Luft. Das ganze nahm ihn immer noch mit auch wenn er wusste das es nicht echt war. Für ihn war es echt gewesen. Er sah die Szene direkt vor sich!
„Du bist mit dem Kleinen auf dem Arm gestorben, Jynah. Ich habe dich beerdigt und um dich getrauert und ich hatte das Gefühl mich niemals wieder verlieben zu können bis…“ wieder stockte er. Vielleicht war das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt um über Trish zu reden.
„Deshalb sehen dich alle so an und deshalb war ich so schockiert als du dich bei mir gemeldet hast.“ beendete er seine Erzählung schließlich und lehnte sich zurück. Eigentlich könnte er jetzt den Whisky brauchen, aber in Anbetracht des Treffens später, wäre das eine ziemlich dumme Idee.
Jynah schloss die Augen. Sie hatte diesen Mann damals geliebt. Vielleicht wäre alles anders gekommen, hätte er nicht Elisa geheiratet. Hätte er nicht verdammt nochmal sie so angelogen an dem Morgen vor dem Gerichtssaal.
„Du meinst, die gesamte Besatzung… kennt dieses andere Leben. Kennt mich über Deine Erinnerungen an uns, die in diese merkwürdige Anomalie…“
Shay nickte: „So in etwa. Es sind nur nicht nur meine, sondern vielleicht auch die anderer.“
„Samantha deCoster, Elisa Careen“, schloss Jynah scharf und erneut nickte der Mann vor ihr. Ihre gesamte Wut war verraucht, von einem Augenblick auf den anderen.
„DU hast MICH geheiratet. DU hast MICH geliebt? Wir waren ein… glückliches Ehepaar?“
Zum dritten Mal nickte der Captain der Hephaistos.
In diesem Moment musste Jynah die Tränen bekämpfen, die in ihre Augen schossen.
„Scheiße, Shay, wa… warum… bist Du damals… wieso hast Du mich belogen? Du musst doch gemerkt haben…“ Sie schüttelte den Kopf, atmete ein weiteres Mal tief durch.
„Doch, ich hätte jetzt gern etwas anderes zu trinken. Aber nicht das da.“
Shay lächelte, dann stand er auf, ging erneut an den Replikator.
„Slug-O-Cola Nummer drei.“
Jynah lächelte schief: „Du weißt es noch…“
Er stellte das Glas vor ihr ab. „Wie könnte ich das je vergessen?“
„Wir waren Idioten. Beide. Oder?“, fragte die Halbbetazoidin.
Bevor sie zum Glas griff, griff sie in die Tasche: „Ich wollte… ich hatte das mit der Brücke nicht vor. Aber diese Begegnungen, das alles hier, die Blicke, dass diese Leute mich kennen… ich wollte, wie früher, irgendwie in Dein Büro schleichen, Dich überraschen, alleine. Das so… es tut mir leid, Shay. Wirklich.“
Jynah nahm ein PADD heraus und einen Datenkristall: „Das ist eine Kopie meines Familienalbums. Alle Bilder und Filme, die ich von Shay und mir finden konnte. Alles.“
Sie seufzte: „Warum… hast Du mich belogen?“
„Belogen?“
„Vor dem Gerichtssaal. Du hast mich geküsst, mir gesagt, dass Du mich vermisst hast und dann gibst Du im Gericht zu, dass Du in der Nacht mit Mel Andrews…“
Nun kamen doch Tränen, aber Jynah griff zu ihrem Glas und trank einen Schluck von der schwarzen, süßen Flüssigkeit. Der letzte Wortwechsel, den sie gehabt hatten, war eben dieser gewesen, dort vor dem Gerichtssaal der Sigma-Station. Jynah war gegangen. Geflohen. Fort.
Ja, aus ihrer Sicht konnte man das wohl so sehen. Wieder seufzte der Schotte. Das war alles gefühlt so lange her, in einem anderen Leben. In zwei anderen Leben, wenn man so wollte.
„Ist nicht so, als hättest du mir groß die Chance gegeben mich zu erklären.“ meinte er dann und verfluchte sich gleich wieder dafür.
Alte Gewohnheiten waren schwerer abzulegen als gedacht, besonders wenn sie urplötzlich vor einem standen.
„Es tut mir Leid, Jy. Das was damals gelaufen ist das war… nicht in Ordnung. Wie es gelaufen ist war nicht in Ordnung. Ich hatte es dir sagen wollen aber da war so wenig Zeit und dann… konnte ich vor Gericht schlecht lügen nur weil ich ein Scheißkerl war.“ meinte er dann und zuckte etwas hilflos mit den Schultern.
„Es hat weh getan als du gegangen bist, mehr als ich zugeben wollte. Inzwischen… nach all den Jahren und nach der Sache in der Anomalie .. kann ich heute zumindest sagen das ich dich damals wirklich geliebt habe, Jynah Ros.“ gestand er nun. Auch sich selbst gegenüber. Jynah war die erste Frau die es geschafft hatte das er sich verliebte. Wirklich verliebte.
Ohne das mit Jynah wäre das heute mit Trish vielleicht nie möglich geworden.
„Ich weiß das ist nicht fair. Ich hatte Zeit das alles zu verarbeiten. Dich erwischt das heute kalt. Auch das tut mir Leid. Aber ich denke mal das wegen damals ist nicht der einzige Grund warum du hier bist, oder?“ fragte er schließlich.
„Nein… doch, irgendwie… ja. Wegen damals. Wegen des Ergebnis von damals. Wegen… unserem Sohn.“
Jynahs Blick blieb traurig. Es war so dumm gewesen das alles. „Du warst der einzige, den ich je geliebt habe. Heute weiß ich das. Damals… habe ich es mir und Dir gegenüber nicht eingestanden…“
Es war einfach blöd! Saublöd! Nun saßen sie hier, Shay ihr gegenüber und sie fühlte sich erneut so, wie früher. In den besseren Zeiten von früher.
Sie blickte auf ihre Hände, die so nicht ganz zueinander passten.
„Ich bin so blöd gewesen. Und so verletzt…“
Wo sollte sie nur anfangen. Am Besten am Anfang. „Du weißt ich bin gegangen, dann, der Flug zur Erde. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich schwanger bin und wäre beinahe aus allen Wolken gefallen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hatte niemanden, mit dem ich reden konnte, aber das war ja oft so. Und dann war da… ich wollte dieses Kind. Etwas von Dir, was mir gehören würde. Was mich auch lieben würde.“
Noch immer konnte sie Shay nicht ansehen.
„Du warst oft der einzige Freund, den ich hatte – und Du hattest das umgekehrt zu mir gesagt. Aber ich hatte des Gefühl, Du hast mir das Herz herausgerissen, an dem Tag und ich konnte nicht mehr mit Dir reden. Nie wieder. Dachte ich. Und dann, ich dachte, Du wärst tot. Eine Welt ohne Shay Ruthven wäre ziemlich… ich dachte, irgendwann, irgendwo,… auf jeden Fall habe ich dann Deinen Vater kontaktiert, habe ich ja schon erzählt und…“
Sie schloss die Augen. Jetzt bloß nicht heulen! Das würde noch fehlen. An dem Kloß in ihrem Hals kam allerdings auch kein weiteres Wort vorbei.
Ungesehen von Jynah hob er eine Augenbraue während er ihren Worten lauschte. Sie hatte sich seine Geschichte angehört es wäre also nur fair wenn er sich ihre anhörte. Auch wenn es nicht einfach war. Sie hatte ihm 4 Jahre lang verschwiegen das er Vater war. Sein ganzes Leben hätte anders laufen können, wenn er das damals gewusst hätte.
Als klar war das sie nicht weiter sprechen konnte linste er nur kurz zu der Taschentuch Schachtel die leider auf seinem Schreibtisch stand und damit momentan außer Reichweite.
„Ja… mein Vater… Das Gespräch mit ihm war… Interessant… Das ist glaube ich das passende Wort dafür. Dir ist klar das ich ihn daran hindern musste einen Anwalt anzurufen?“ fragte er dann um die Stimmung ein wenig zu lockern. Was nicht wirklich den gewünschten Effekt hatte.
Jynah sah auf. Ihre Augen schillerten vor unterdrückten Tränen. „Anwalt?“, fragte sie leise. Sie schüttelte den Kopf. Was für ein Unfug. Aber es passte zum alten Ruthven. Was auch immer er tat, das ging mit Gesetz und Ordnung. Ein bisschen davon, viel mehr als Shay es glaubte oder wollte, hatte auch er davon geerbt. So unähnlich waren sich die beiden doch nicht und vielleicht würde auch ihr Sohn etwas davon abbekommen. Oder mehr von ihr und gegen die Regeln aufbegehren. Man würde sehen.
„Du weißt, dass er sich nichts sehnlicher wünscht als einen Enkel. Besonders einen Jungen der am Ende noch den Namen Ruthven weiterträgt. Ich musste ihn bremsen damit er mir die Zeit lässt mit Dir richtig zu reden.“ erklärte Shay und stand nun doch kurz auf um die Schachtel mit den Taschentüchern zu holen.
Er schob die in Jynahs Richtung ehe er sich wieder setzte.
„Versteh mich nicht falsch, ich habe nicht vor, Dir Deinen Sohn weg zu nehmen. Ich würde ihn gern kennenlernen und noch viel mehr wäre ich endlich gern Teil seines Lebens, aber das…“
„Dazu müsstest Du Teil _unseres_ Lebens werden, Shay, und ich weiß nicht, ob das funktioniert. Es tut immernoch weh und ich kann das nicht vergessen“, unterbrach sie ihn, mit leiser Stimme. Sie schüttelte den Kopf: „Wir sind auf verschiedenen Schiffen. Ich möchte, dass Shay seinen Vater kennenlernt, ich wünschte, er hätte einen Vater, und ich wünschte Du würdest diese Rolle einnehmen, aber wie…“ Sie schüttelte erneut den Kopf: „Ich habe jeden anderen von ihm mehr oder weniger ferngehalten, wenn ich… ein… Arrangement… mit einem Mann hatte. Keinen davon habe ich je geliebt. Ich lerne gerade, mit meiner betazoidischen Seite zurechtzukommen, ich arbeite mit Tam Sula an meiner Konzentration und da… ich hab Dir erzählt von damals, mit Rasha, mit den Versuchen der Meditation. Es sind Augen, die ich sehe, von verschiedenen Leuten, die mir wichtig sind. Du bist dort immernoch. Deine Augen. Jetzt noch. Oder wieder, seit unserem Gespräch über Subraum. Die einzige Person, die mir wichtiger ist, ist mein… _unser_ Sohn.“
Als Shay etwas sagen wollte, hob Jynah die Hand: „Aber ich weiß nicht, ob ich… es hat zu weh getan. Ich will… nie wieder so verletzt werden. Nie mehr.“
Jynah griff erneut zu dem Glas und nahm einen Schluck von der Cola: „Und doch, wenn Du eine Idee hast, würde ich – für Shay Junior – es versuchen. Er braucht einen Vater. Ich kann das nicht ersetzen, ein Vorbild, zu dem er aufsehen kann. Ich bemühe mich, die beste Mutter des Universums zu sein, aber selbst da…“
Jynah seufzte, immernoch traurig. „Erinnerst Du Dich, an das Picknick im Arboretum, als Du mir gezeigt hast, dass Du wieder laufen kannst, die ersten Schritte, mit mir getanzt hast?“
Shay lächelte knapp und nickte. Auch wenn sich diese Erinnerung mit einer anderen mischte.
„Natürlich erinnere ich mich. Ich wünschte ich hätte mich revanchieren können. Bei deinem Arm.“ meinte er dann und richtete seinen Blick auf die Hand mit der seltsamen Farbe. Toussaint hatte Wort gehalten und ihm Einblick in Jynahs Krankenakte gegeben. Er wusste also das dies nicht wirklich Jynahs Arm war.
Auch wenn er sich nicht wirklich vorstellen konnte wie es war einen Arm zu verlieren, er kannte Ettore und seine eigene Krankengeschichte war auch nicht ohne gewesen. Das war mit Sicherheit nicht einfach gewesen.
Jynah zuckte ein wenig zusammen und strich über ihren künstlichen Arm.
Sie schloss die Augen. Sie konnte die Berührung spüren, aber nicht richtig. Es fühlte sich merkwürdig an. „Ich wünschte…“
Sie schüttelte den Kopf: „Ich weiß nicht, was ich wünsche. Ich wünschte ich wäre nicht gegangen, ich wünschte, ich hätte es Dir gesagt. Ich… es war falsch. Und es tut mir leid.“
Sie nahm den letzten Schluck aus dem Glas, dann stellte sie es ab auf dem Tisch. Sie griff erneut in ihre Tasche und holte ein Päckchen heraus. Liebevoll verpackt, mit einer Schleife darum herum.
„Das habe ich für Dich mitgebracht, zusammen mit den Bildern und Filmen. Ich wünschte, Du wärst dabei gewesen. Auf den Bildern und den Filmen. Bei allem. Aber… Das hier ist für Dich.“
Shay griff zu dem Päckchen. Es war recht groß und fühlte sich nicht gerade leicht an.
„Was ist das?“
„Mach es auf.“
Shay blickte Jynah an, dann auf das Päckchen. Vorsichtig löste er die Schleife, nahm das Papier ab, unter dem eine Schachtel zum Vorschein kam. Er öffnete den Deckel. Darin lag oben ein zusammengefaltetes Blatt Papier und als er dieses hoch nahm, kamen drei Flaschen zum Vorschein. Eine Flasche schottischer Whisky, seine Lieblingssorte. eine Flasche Slug-O-Cola, eine Flasche mit Apfelschorle.
Er faltete das Papier auseinander.
„Das ist für Dich, Du kannst alles allein trinken, oder vielleicht findest Du zwei Personen, mit denen Du diese Flaschen gern leeren würdest.“
Keine Unterschrift.
Es war wie das Päckchen, was Jynah ihm einmal zu Weihnachten ins Büro gestellt hatte, nach einem Streit. Nach _dem_ Streit, nachdem er Elisa geheiratet hatte. Sie waren sich tagelang aus dem Weg gegangen. Nur die Apfelschorle war neu. Und die dritte Person. Wie auch damals, keine Unterschrift.
„Wann und wo Du möchtest, Shay“, sagte Jynah leise. Ein Friedensangebot, wie auch damals. Da hatte es Tage gedauert, bevor er Jynah kontaktiert hatte. Aber er hatte sich viel Mühe gegeben, mit einer Schnitzeljagd, auf die er Jynah geschickt hatte um am Ende im Arboretum mit ihr zusammenzutreffen. Es war unglaublich süss gewesen. Und sie hatte zuerst gezickt, aber dann hatten sie zusammen gegessen, geredet, waren einfach den ganzen Abend, die halbe Nacht zusammen gewesen. Sie hatten lange nicht miteinander geschlafen, er hatte Elisa geheiratet und Jynah hatte ihre Prinzipien. Niemals mit einem verheirateten Mann oder einem, der eine feste Beziehung hatte. Erst nach Monaten, im Sigmasektor dann, waren sie auf einer unbewohnten Welt schwimmen gewesen. Nachts. Das Wasser war warm gewesen, die Sterne am Himmel funkelten, es war romantisch und sie hatten sich dort zum ersten Mal nach langer Zeit geküsst – und geliebt. Der Moment, wo Jynah ihre Prinzipien vergessen hatte. Zu viele Erinnerungen.
„Damals, im Arboretum der Avalon, danach, nach den drei Tanzschritten und dem Picknick… wir haben fast die ganze Nacht geredet. Über so viel. Und ich habe Dich gefragt, ob Du Kinder möchtest.“ Jynah hatte seine Worte noch im Kopf, die zuerst folgten. ‚Mit Dir?‘ hatte er gefragt und sie hatte geantwortet: ‚Du bist mit Elisa verheiratet. Nein, überhaupt, irgendwann.‘
Sie fuhr fort: „Du hast gesagt, dass Du ein guter Onkel wärst, kein guter Vater. Ich habe Dir widersprochen. Wir haben uns beide um Luca gekümmert. Irgendwie. Ich glaube immernoch, dass Du ein guter Vater wärst.“
Shay sah auf die drei Flaschen in dem Päckchen.
Jynah biss sich auf die Lippe. Sie wusste, dass es schwer sein würde, die Gedanken jagten sich in ihrem Kopf, da war Schmerz, Freude, der Anblick des Mannes, den sie geliebt hatte, für den sie immernoch viel empfand, was sie sich erst eingestanden hatte, als es hieß, er wäre tot. Der Wunsch, einfach wegzulaufen, gleichzeitig mit dem, ihm um den Hals zu fallen. Sie dachte an ihren Sohn. Seinen Sohn.
„Vielleicht… zum Abendessen. Zu dritt?“, fragte sie leise, kaum hörbar, „Ich möchte, dass Ihr Euch kennenlernt. Er möchte das auch. Er fragt immer wieder nach Dir.“
Shay bemühte sich, nicht zuviel Freude zu zeigen. In gewisser Weise hatte er Angst das, wenn er sich zu sehr freute, er am Ende enttäuscht wurde. Oder enttäuschen würde.
Er schwieg lange und schien nachzudenken. Jynah runzelte etwas die Stirn. Waren das alles nur Reden gewesen und er wollte doch gar nicht?
Shay selber ging seinen Terminkalender durch der eng gestrickt war nun nachdem die Artemis endlich angedockt hatte.
Um 16-00 hatte er ein Treffen mit Gaspar und wie lang das ging konnte er schlecht vorraussehen.
„Nichts würde mich im Moment glücklicher machen.“ meinte er schließlich und Jynah hörte sein Zögern.
„Aber?“ fragte sie daher und wappnete sich für was auch immer nun kommen würde.
Shay musterte noch einmal das Geschenk dann traf seinen Blick wieder ihren.
„Kein Aber, sag mir wann und wo. Ich werde da sein.“ gab er entschlossen zurück, musste Mosley eben die Termine irgendwie schieben.
„Du hast den Termin um Sechzehnhundert“, hatte sie ja schließlich mitgehört. und überlegte: „Meinst Du, Du könntest um Neunzehnhundert zum Abendessen kommen?“, versuchte sie es: „Zu uns? Oder würdest Du lieber auf der Station?“
Beides wäre ihr recht. Tatsächlich, ja, wäre es ihr in ihrem Quartier sogar lieber. Das wäre eine Umgebung, die ihr Sohn kannte, wo er keine Angst haben müsste, nichts Neues was ihn ablenkte und gleichzeitig würde Shay sehen, wie sie lebten. Andererseits war K7 ein neutraler Ort.
Shay nickte vorsichtig. Drei Stunden. Das sollte ausreichen für den Anfang.
„Neunzehnhundert. Abendessen. Bei… Dir?“, fragte er und Jynah nickte: „Wenn Du möchtest. Auf der Artemis. Ich bin sicher, Du hast mit dem Zugang keine Probleme.“
Shay verneinte: „Vielleicht doch lieber neutraler Boden.“
Jynah blickte ein wenig enttäuscht, aber nickte: „Okay… ich dachte… Abendessen, wir könnten dann zu dritt reden, bis Shay ins Bett muss und bringen ihn gemeinsam… Du könntest ihm noch eine Geschichte…“
In ihrer Vorstellung wäre das perfekt.
Der Captain der Hephaistos schloss die Augen. Sein Sohn. Er würde ihn kennenlernen. Heute noch. „Die Gerüchteküche…“
„Die weiß längst, dass unser Sohn Dein Sohn ist, zumindest bei uns auf dem Schiff. Ich habe aufgehört, es zu verheimlichen nach unserem Gespräch. Shay Junior erklärt jedem, dass sein Vater Captain ist. Niemand, der ein bisschen Tratsch mitbekommt, wird sich wundern.“
Ganz langsam bekam Jynah ihre Aufregung in den Griff und öffnete sich den Gefühlen Shays, konzentrierte sich auf ihn, versuchte aufzunehmen, was er empfand. In ihm stritten sich verschiedenste Gefühle. Unsicherheit, Bedauern, ein wenig Zorn im Hintergrund, aber auch Erleichterung und sogar freundliche Gefühle ihr gegenüber konnte sie aufnehmen, als er nickte: „Well… okay.“
Langsam stand Jynah auf von ihrem Platz, was auch den Captain der Hephaistos dazu brachte, sich zu erheben.
„Dann erwarten wir Dich um Neunzehnhundert.“
Als sie vor ihm stand, kam die alte Gewohnheit durch. Da war auf seiner Stirn noch immer diese Haarsträhne, ein wenig vorwitzig, die sie mit der linken, echten Hand zur Seite strich, während ihre Blicke sich trafen. Sie könnte noch immer in diesen Augen versinken, wären da nicht die Schmerzen, die mit all dem verbunden waren. Liebe war nie das Problem gewesen. Sie hatte ihn immer geliebt, aber es tat zu weh.
Nicht mehr verletzt werden wollen. Das hatte sie ihm gesagt und das nahm sie ernst. Das hier war aufwühlend genug gewesen.
„Es tut mir wirklich leid. Alles. Am Besten Du gibst Bescheid und ich rufe den Transporterraum der Artemis, sie sollen mich zurück bringen?“
Er nickte leicht. „Das wäre vielleicht am besten bevor du noch mehr Blicke und Fragen ertragen musst. Aber immerhin weißt du nun warum.“ schmunzelte er leicht. Das hier war nicht einfach. Das war nicht die Jynah aus der Anomalie und in gewisser Weise auch nicht mehr die Jynah von damals. Sie beide hatten in den letzten 4 Jahren zuviel erlebt um noch die selben Personen wie damals zu sein. Und doch gab es auch immernoch Dinge die sich nicht verändert hatten.
Jynah schluckte sichtlich und atmete tief durch um sich zu sammeln.
„Dann bis heute Abend.“ verabschiedete sie sich noch einmal und tippte auf ihren Kommunikator.
„Ros an Artemis. Könnt ihr mich bitte zurück an Bord beamen?“
[Wird sofort erledigt, Chief.] kam die Antwort und Shay beobachtete wie sich Jynah in den blauen Lichtwirbeln auflöste.
Sekundenlang starrte er noch in die Leere, die sie hinterlassen hatte, ehe er sein Geschenk ergriff und es auf eines der Sideboards stellte. Die Bilder und Videos waren auf einem Stick gespeichert den er einsteckte ehe er wieder auf die Brücke kam.
Sam musterte ihn kurz, bevor sie den Platz wieder für ihn frei machte.
„Was war das jetzt?“ fragte sie leise und Shay lächelte knapp.
„Ein Geist aus der Vergangenheit und eine Einladung zum Essen heute Abend.“ antwortete er ominös und Sam runzelte die Stirn. Sie würde sich nicht in sein Privatleben mischen aber langsam nahm das mit seinen Frauen doch etwas überhand.
„Ich hoffe du weißt was du tust.“ entgegnete sie dann aber nur neutral.
„Ich auch, Sam. Ich auch.“ brummte er und rief sich dann wieder die Akten der Artemis FO’s auf. Er wollte vorbereitet sein wenn es zum ersten persönlichen Treffen kam. Auch wenn er sich wohl zunächst nur mit Gaspar treffen würde. Dem schuldete er schließlich auch noch ein Bier.
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<sum>
# Zeit: MD 1.1430
# Ort: Bereitschaftsraum CO, USS Hephaistos
Shay Ruthven erklärt Jynah Ros, was es mit Arcadia auf sich hat, es fällt ihr schwer, nicht in Tränen auszubrechen, als sie erfährt, dass Shay sie in dieser anderen Welt geheiratet hat. Sie reden über alte Zeiten. Sie kommen überein, dass Shay zum Abendessen zu Jynah kommt.
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submitted by
Captain Shay Ruthven, CO USS Hephaistos + CPO Jynah Ros, REP/TECH USS Artemis
aka
Mac und Assets