Ein Abendessen mit ungeahnten Folgen
By mackymackenzie@… (Mac MacKenzie)
COPO Assets & Mac – Die Geschichte Shay & Jynah geht in die nächste Runde. Außer Effi und Ela muss es auch niemand lesen der nicht will, weil es quasi nur die beiden Chars betrifft.
<RPG>
# Zeit: MD 01.1901 ff
# Ort: USS Artemis, Quartier Jynah Ros
Zum x-ten Mal hatte Jynah alles kontrolliert. Das Quartier war aufgeräumt. Shay Junior saß auf dem Sofa und hatte ein PADD in der Hand, auf dem er versuchte, einzelne Buchstaben zu Worten zu formen.
Jynah war keine perfekte Köchin, aber sie hatte sich Mühe gegeben, auch wenn es nur ein einfaches Gericht war. Spaghetti, Schweinemdaillons in Sahnesauce und einen gemischten Salat. Schokoladenpudding zum Nachtisch. Die Flasche Rotwein hatte die perfekte Temperatur, der Tisch war gedeckt. Sie hatte darüber nachgedacht, eine oder zwei Kerzen auf den Tisch zu stellen, dies aber dann verworfen. Das hier war kein Date, es war kein romantischer Abend, es würde auch keiner werden. Und dennoch war dieser Abend wichtig. Es gab keinen wichtigeren Abend als diesen, für ihr zukünftiges Leben. Sie hatte einige Vorstellungen, Ideen, Gedanken, aber wie diese umzusetzen wären, was Shay Ruthven wollen würde, welche seiner Vorstellungen und Gedanken in ihre Pläne passten, dass würden sie – vielleicht – später bereden. Erst einmal ging es darum, es Vater und Sohn so einfach und leicht wie möglich zu machen, zueinander Zugang zu finden.
Shay Ruthven wunderte sich, als sich das Schott zum Quartier öffnete, ohne dass er den Summer bedienen musste. Die Tür öffnete sich direkt und gab den Blick frei auf ein gemütlich eingerichtetes Quartier. Eine kleine Abstellkammer auf der einen Seite, die Nasszelle auf der anderen, der Hauptraum war ein kombinierter Küchen-, Ess- und Wohnraum. Ein Tisch mit Sofa und Sessel, ein zweiter mit vier Stühlen, an dem wohl gegessen wurde, denn hier war für drei Personen gedeckt auf einem weißen Tischtuch. Ein Schrank, in dem sich verschiedenste Spiele stapelten gehörte ebenfalls dazu, wie ein Instrumentenständer, auf dem ein Kontrabass und ein sehr kleines Cello standen. Das Jynah Musik machte, war neu. Verschiedene Dekogegenstände und Spielzeuge tummelten sich vor Büchern in Regalen.
„Komm rein!“, hörte er aus der Ecke, wo die Küchenzeile stand und trat näher. Der kleine Junge auf dem Sofa legte sein PADD weg und begutachtete den Mann, der hier eingetreten war. Natürlich hatte ihm Jynah erklärt, wer zum Abendessen kommen würde. Der Held, Captain Shay Ruthven, Kommandant der USS Hephaistos, deren Modell ebenfalls auf dem Sofa lag. Sein Vater.
Vorsichtig stand der Junge auf, Jynah kam ebenfalls näher und aus dem Augenwinkel nahm Shay wahr, dass diese ein einfaches, schwarzes Kleid trug. Kein Abendkleid, nicht aufgebrezelt, als ob sie auf eine Feier gehen wollte, aber auch weder Uniform, noch legere Kleidung. Um den Hals trug sie einen Choker, der beinahe durchsichtig war. Das, was daran hing, kannte er und ein kleiner Stich ging ihm durch den Brustkorb. Die diamantene Träne hatte er Jynah zum letzten Weihnachten, das sie zusammen verbracht hatten, geschenkt.
Jynah beobachtete, wie der ältere Shay nähertrat. Der jüngere ließ sich vom Sofa fallen. Artig trat er auf den Captain der Hephaistos zu und streckte seine Hand aus: „Guten Abend, Sir.“
Ein weiterer Stich traf den älteren Shay. Zu sehr erinnerte dies an das Verhältnis, was er zu seinem eigenen Vater hatte. Von einem Augenblick auf den anderen entgleisten auch Jynahs Gesichtszüge. Sie hatte gefühlt, was er fühlte. In Gedanken schalt sie sich für ihre Dummheit. Sie hätte dies vorhersehen müssen. Sie kannte das Verhältnis Shay Ruthvens zu dessen Vater.
// Alle Götter… Shay, es tut mir so leid //, vernahm der Kommandant der Hephaistos plötzlich eine traurige Stimme in seinem Kopf. Er blickte zu Jynah, dann zu dem Jungen und drückte die angebotene Hand. „Hallo, Shay“, meinte er. Es fühlte sich merkwürdig an, den eigenen Namen für dieses Kind zu verwenden. Dieses Kind, dass alten Fotos aus seiner eigenen Kindheit so ähnlich sah.
„Du bist Captain Russven. Ich hab‘ ein Modell von Deinem Raumschiff“, erklärte der Vierjährige mit leuchtenden Augen, „Das haben wir selber gebaut!“
Shay schmunzelte bei der Verhunzung seines Nachnamens und ging in die Hocke um mit dem Jungen auf gleicher Höhe zu sein.
„Das ist toll. Möchtest du mir das zeigen?“ fragte er dann und Junior nickte begeistert um sich dann wieder dem Sofa zuzuwenden und das Modell zu holen. Tatsächlich war es das Modell einer Prometheus und der Name war fein säuberlich aufgeklebt.
„Ja …“ nickte Shay und drehte das Modell in alle Richtungen. „Das ist mein Schiff.“ erklärte er und blickte wieder auf den Schriftzug. „Aber weißt du was? Da fehlt noch was.“ erklärte er dann gespielt ernst und Junior riss die Augen auf und nahm das Modell wieder in die Hand. Nun war er es der es drehte und wendete.
„Nein, da ist nix abgefallen.“ beharrte er dann nachdem er es gründlich inspiziert hatte.
„Nein, das Schiff ist perfekt aber mein richtiges Schiff hat noch was extra, was dein Modell nicht hat. Komm her.“ meinte er dann und legte seinen Mund nah an Juniors Ohr während er das Word „Einhörner“ flüsterte.
Wieder wurden die Augen des Kindes groß vor erstaunen während er versuchte das gesagte zu verarbeitet.
„Aber die gibt es doch gar nicht!“ beharrte er dann „Genau wie den Osterhasen! Nur der Weihnachtsmann den gibt es!“
Shay musste sich beherrschen nicht in Lachen auszubrechen während in seinen Augen der Schalk blitzte.
„Wetten das doch? Ich zeig sie dir mal wenn deine Mama es erlaubt. Weil wir die an Bord haben, hat das Schiff nämlich auch einen Einhornkopf genau da.“ deutete er wieder auf das Modell und unter den Schriftzug. „Und der fehlt hier.“
„Stimmt das Mama? Wieso hat Amun mir das nicht gesagt?“ wandte sich Junior nun an seine Mutter welche die Szene beobachtete.
„Vielleicht wusste Amun das nicht, ich wusste das bis heute auch nicht.“ gab sie zu. Außerdem ist es jetzt ohnehin Zeit zum Essen. Gehst du dir die Hände waschen, Schatz?“ wurde ihr Tonfall dann befehlender und Junior seufzte.
„Okay.“ murmelte er und verschwand in der Nasszelle während Shay sich wieder erhob. Sein Knie knackte laut und er zuckte leicht zusammen. Er wurde wohl doch alt langsam.
„Das Essen riecht gut.“ erklärte er dann. „Ich ähm wollte eigentlich etwas mitbringen. Aber Blumen schienen mir falsch und für den Jungen … ich wusste nicht was er schon alles an Spielzeug hat daher hab ich es erstmal gelassen. Einen Modellbausatz brauche ich schon mal nicht mehr.“ zuckte er dann entschuldigend mit den Schultern.
Jynah schmunzelte: „Davon hat er einige. Die Avalon, die Iwata, die Artemis, die Hephaistos. Vielleicht eine Enterprise? Oder ein Shuttle?“
Sie ging zum Tisch herüber: „Ein Glas Wein zum Essen? Oder Wasser?“
„Ich glaube, ein Glas Wein ist in Ordnung.“
Jynah nickte, bevor sie zur Flasche greifen konnte war aber Shay schon bei ihr: „Lass mich das machen.“
„Danke.“ Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, beobachtete, wie der Captain der Hephaistos ihnen eingoss. Das dritte Glas wurde mit Apfelschorle gefüllt, die ebenfalls bereitstand.
Shay Junior kam zurück aus der Nasszelle, die Hände abgetrocknet, er zog sich auf den Stuhl: „Mama hat extra gekocht. Aber am liebsten mag ich Pizza“, erklärte der Junge. „Oder Pommes. Aber Nudeln sind auch ok. Was magst Du am liebsten?“, hatte er direkt Fragen.
„Pommes, eindeutig Pommes. Weißt du, wie meine Chefingenieurin zu Pommes sagt?“ fragte Shay dann zurück und hatte damit wieder die volle Aufmerksamkeit des Jungen.
„Wie?“ wollte er wissen und Shay grinste. „Für Emily sind das frittierte Sonnenstrahlen.“ erklärte er dann ernst und Junior schien über den Begriff nachzudenken bis er schließlich nickte. „Ja, das ist ein toller Name dafür.“ stimmte er zu.
„Und du, magst du die Nudeln lieber mit oder ohne Soße?“ fragte der ältere Shay dann zurück.
„Trocken oder mit Oma-Soße.“ verkündete er während Jynah die Augen verdrehte.
„Oma-Soße?“ sah Shay Senior nun Jynah an die etwas unbehaglich mit den Schultern zuckte.
„Meine Mutter hat ihm einmal Nudeln mit brauner Bratensoße gemacht und seitdem ist das Oma-Soße.“ erklärte sie etwas peinlich berührt. Nicht dass ihre Mutter groß gekocht hatte und auch die Soße aus dem Replikator gekommen war, aber bei Shay Junior hatte sich das ganz offensichtlich eingebrannt.
„Verstehe.“ nickte der CO der Hephaistos. „Und sonst? Habt ihr hier einen Kindergarten? Hast du Freunde an Bord?“ fragte er dann seinen Sohn weiter aus.
Der nickte begeistert: „Ja, Anders ist mein Freund. Wir spielen zusammen, wir bauen Häuser und Raumschiffe. Manchmal spielen Elin und Mama auch mit. Oder Deniri und Risto. Und Amun kommt auch vorbei und wir bauen Modelle.“
Fragend sah der ältere Shay zwischen Mutter und Kind hin und her.
„Anders ist Elins Sohn, er ist fünf. Elin ist technische Offizierin, bis vor kurzem noch zweite Offizierin, aber sie wollte kürzer treten. Deniri und und Risto sind Geschwister. Sie kommen von Betazed und sind Shays und Anders Au-pair. Amun ist ein Freund.“
Shay hob eine Augenbraue ein wenig an, aber Jynah schüttelte den Kopf: „Er ist mit der Sicherheitschefin zusammen, schon lange.“
Jynah stellte die Spaghetti auf den Tisch und die Schale mit den Schweinemedaillons und der Sahnesauce. Neben den Tellern fanden sich noch Schälchen für den Salat, den die Halbbetazoidin ebenfalls auf dem Tisch platzierte.
„Setzt Euch. Ich hoffe es schmeckt. Du weißt ja, ich war eine furchtbare Köchin, aber ich habe dazugelernt. Da ist nichts mehr versalzen.“ Jynah schmunzelte: „Du warst eindeutig der bessere Koch von uns beiden.“
Groß blickte der kleine Junge den Mann an, der sich gerade hinsetzte: „Du kannst auch kochen?“
„Hmm, ich habe das sogar mal ein wenig gelernt. Als ich ein kleiner Junge war, vielleicht etwas älter als du jetzt, da war mir so langweilig, weil mein Papa nie da war das ich immer in die Küche geschlichen bin und da geholfen habe und wenn man hilft dann lernt man da auch ganz viel.“ erklärte der Schotte die kinderfreundlichere Version. Tatsächlich hatte er das wieder aufleben lassen nachdem er an den Rollstuhl gefesselt gewesen war, auch wenn das seine eigenen Schwierigkeiten mit sich brachte. Inzwischen hatte er vermutlich mehr verlernt als jemals gelernt. Es hatte seine Vorzüge wenn man bekocht wurde und das nicht selber machen musste. Und an Trishs Backkünste kamen seine Kochkünste ganz sicher nicht ran.
Vielleicht sollte er das wieder öfter machen und seine Frauen bekochen.
Kurz schmunzelte er – tatsächlich nahm das mit ’seinen Frauen‘ allmählich unübersichtliche Züge an.
„Ich darf auch helfen. Ich kann Nudeln kochen!“, verkündete der Vierjährige stolz und Jynah lächelte. Es war einfach schön. Es lief wirklich gut. Sie durfte nur nicht darüber nachdenken, dass sie dies, genau dies, wie sie es jetzt erlebte, schon jahrelang hätte haben können.
„Shay?“
Zwei Paar grüne Augen blickten zu ihr und zwei Münder sagten „Ja?“
Sie lachte: „Shay senior, gibst Du mir bitte den Salat?“
„Sehr gerne.“
„Ich möchte keinen Salat“, kam es aus der jüngeren Ecke.
„Aber Du musst doch ein Bisschen gesundes essen. Vitamine. Du willst doch groß und stark werden!“
Der Junge Hmm-te, dann wandte er sich an den älteren Shay: „Ich werde auch Captain. Aber ich muss noch richtig lesen und schreiben lernen. Rechnen kann ich schon!“
Mit der Gabel umgehen ging auch recht gut, auch wenn ein bisschen von der Sahnesoße auf dem Tischtuch und rund um den Mund Juniors landete.
Der Captain der Hephaistos entspannte sich immer mehr beim Essen und Reden. Der Junge, sein Sohn, war aufgeweckt, er konnte tatsächlich rechnen. Bis Hundert. Das hatte er beweisen können und auch einfache Multiplikationsaufgaben wie vier mal fünf konnte Shay Junior schnell lösen, auch wenn er manchmal die Finger dazu nahm und Jynah ihn ermahnen musste, dabei nicht die Gabel auf das Tischtuch zu legen. Auch die Einhörner waren noch einmal Thema, die der Vierjährige unbedingt sehen wollte. Er war noch immer skeptisch, ob es diese wirklich gäbe.
Der Nachtisch wurde von beiden Männern genossen, auch wenn Shay senior eher für etwas Herzhaftes zu haben war.
„Dankeschön, das war wirklich gut“, lobte er am Ende und Jynah lächelte dankbar. Er deutete auf den Instrumentenständer im Raum: „Ihr macht Musik?“
Shay Junior antwortete: „Via bringt uns das bei. Ich kann schon zwei Lieder! Aber Mama muss noch viel üben.“
„Sehr cool. Das hast du dann wohl eher von mir.“ zwinkerte der ältere Shay dem Jungen zu worauf Jynah nicht anders konnte und ihm die Zunge rausstreckte – natürlich so das Klein-Shay das nicht sah.
„Du machst auch Musik!?“ fragte der Kleine begeistert.
„Natürlich. Ich spiele Klavier.“ gab der Ältere wieder zurück und grinste. „Magst du mir vielleicht deine zwei Lieder vorspielen? Natürlich nur falls Mama nicht meint das es jetzt Zeit fürs Bett wäre.“ schmunzelte Shay der einen Blick auf den Chronometer geworfen hatte.
„Darf ich Mama? Biiiiiiittttteee!“ belagerte der Junge dann sofort seine Mutter die kurz auflachte.
„Bitte, los, mach!“, lachte Jynah, dann griff sie selbst zu dem Kontrabass. „Zusammen?“
„Du verspielst Dich immer, Mama!“
„Also nur Du?“, Jynah zog gespielt einen Schmollmund.
„Na gut, aber Du darfst nur das eine.“
Shay Junior nahm sein Instrument und den Bogen, während Jynah mit der rechten Hand die Saiten des Kontrabasses zupfte.
„Frère Jacques, Frère Jacques,
dormez-vous, dormez-vous?
Sonnez les matines, sonnez les matines,
Ding, ding, dong. Ding, ding, dong.“
Sie wiederholten es noch einmal. Es war weder im Tempo passend, noch schön, eher schräg, aber Jynah lächelte und auch der Junge war begeistert. Am Ende klatschte der Captain der Hephaistos.
„Du hast Recht, Mama muss noch üben, aber Du bist klasse!“
Schmunzelnd schüttelte die Halbbetazoidin mit dem Kopf: „Shay Ruthven, Du verstehst es wirklich, Komplimente zu machen.“
Sie stellte ihr Instrument an die Seite, der Junge begann:
„Der Mond ist aufgegangen
Die gold’nen Sterne prangen
Am Himmel, am Himmel hell und klar
Der Wald steht schwarz und schweiget
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar“
Diesmal klatschten beide Erwachsene. Es war noch nicht perfekt, aber die Melodie war deutlich erkennbar. Der Junge freute sich sichtlich.
„So, mein Sohn, Dein Stichwort. Es wird Zeit.“
„Ich bin noch nicht müde!“
„Aber dann kann Dein Vater Dir keine Geschichte mehr erzählen, wenn Du Dich nicht schnell fertig machst und ins Bett gehst.“
Ein schwarzhaariger Wirbelwind zischte in Richtung der Nasszelle und verwundert blickte Jynah ihm nach. „Wow… das klappt sonst nie so gut.“ Sie wandte sich an Shay senior: „Ich hoffe das geht in Ordnung, dass Du eine Geschichte, Du kannst auch vorlesen, wir haben Bücher…“
Shay winkte ab. „Ich bin Schotte, ich brauch keine Bücher.“ zwinkerte er ihr dann zu. „Dann schauen wir mal was der junge Mann für eine Geschichte hören will.“ schmunzelte er und folgte Junior erst in die Nasszelle wo sich der Kleine die Zähne putzte.
„Was für eine Geschichte darf es denn sein? Eine über Drachen, Magier und Helden oder etwas über Tiere? Oder vielleicht Abenteuer von Captain Pike?“ fragte er während Junior schon sehr konkrete Vorstellungen hatte die Shay mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nahm während er den Jungen dann ins Bett steckte und zudeckte.
„Also … Es war einmal …“ begann er dann mit seiner Gute Nachtgeschichte.
Jynah stand im Kinderzimmer, das Modell der Iwata hing von der Decke, sanft leuchtete das Blau und Rot an den Warpgondeln.
Shay hatte die Geschichte beendet, der Junge im Bett lächelte.
„Gute Nacht, Shay“, wünschte der Ältere.
„Gute Nacht, Captain… Papa… Gute Nacht Mama!“, kam es leise zurück und der Junge drehte sich auf die Seite.
Einen Moment blieb Shay noch dort stehen und Jynah sah zu ihm, wie er das Kind betrachtete. Shay Ruthven sah glücklich aus und tatsächlich spürte Jynah dieses Gefühl von ihm ausgehen. Dann verließen sie den Raum, um im Wohnraum tief durchzuatmen.
Die Weingläser standen noch auf dem Tisch, Jynah hatte ein wenig nachgeschenkt. Sie ergriff ihres, dann fasste sie ihr Herz und begann es auszuschütten.
„Ich glaube wir müssen reden. _Ich_ muss reden. Dieser Abend war bisher wunderschön. Ich glaube, der Schönste, den ich je hatte. Lass uns zusammen sitzen, bitte.“
Sie deutete auf das Sofa und Shay nahm darauf Platz. Jynah setzte sich neben ihn, wandte sich ihm schräg zu. Blickte ihn an. Mit Shay hatte sie immer reden können. Über alles. Auch wenn es manchmal in einem Streit endete, aber sie hoffte, dass dies nun nicht passieren würde und so begann sie, es fühlte sich an wie früher, in den Nächten, wo sie sich ausgetauscht hatten. Jynah nahm einen Schluck aus dem Weinglas, dann stellte sie es auf dem Tisch ab, faltete die Hände und blickte darauf.
„Ich habe zu viel gesehen und erlebt in letzter Zeit. Japori, da wo die Artemis fertiggestellt wurde. Ich war dort, mit unserem Sohn. Wir waren dabei, als die letzten Handgriffe an dem Schiff vorgenommen wurden und als wir abdockten. Und dann ein paar Tage später kam die Nachricht, dass die Klingonen die Station vernichtet haben. Ich kannte einige dort.
Danach kam ein Schlag nach dem anderen. Wir wurden in ein Gefecht verwickelt mit Klingonen, einige enterten die Artemis. Ich war in der Torpedoabschußrampe. Ein Sicherheitsmann, Mike Raynor, ich kannte ihn halbwegs gut, wir haben ab und an geflirtet und geflaxt, er stieß mich in eine Ecke und stellte sich vor mich, wir versteckten uns dort, aber dann sahen die Klingonen uns. Ein Schwert durchbohrte Mike und verfehlte mich nur knapp und ich habe den Klingonen erschossen. Ich hätte die ganze Energiezelle leer geschossen, wenn mich nicht jemand angestoßen und zurück in die Realität geholt hätte. Mike war tot. Wir mussten weiterkämpfen, aber ich konnte nichts tun. Amun hat uns da rausgeholt, er hat einen Anführer von denen im Zweikampf besiegt und den Rest irgendwie“, in einer Geste der Hilflosigkeit hob Jynah die Hände, „wir sind durch Wartungstunnel bis hin in einen Transporterraum und ich musste die anderen wieder in den Kampf beamen.“
Sie atmete tief durch.
„Dann, in der nächsten Mission sind wir in eine Anomalie geraten. Da war ein Wesen, größer als das größte Schiff, dass Du je gesehen hast. Wir haben es für ein Raumschiff gehalten und sind ‚an Bord‘, ein kleines Team, Amun, ich und drei Marines – und dort sind wir mehrfach angegriffen worden, auch von einem Wesen, bei dem ich dachte, es würde uns etwas zeigen wollen und wäre freundlich, aber es wollte uns an seine Kinder verfüttern. Einer der Marines fiel an mir vorbei einen Schacht herunter, seinen Schrei vergesse ich nie. Wir haben ihn nie wiedergesehen. Das riesige Schiff-Wesen starb, zerfressen von denen, die es als eine Art Viren befallen hatten, aber es bat uns noch, auf sein Junges aufzupassen.“
Shay Ruthven wartete ab, Jynah sah ihn nicht an, sondern weiter vor sich, auf die Hände, die sie in den Schoß gelegt hatte. Sie brauchte einen Moment um sich zu fassen.
„Diese Erlebnisse… und dann, dann kam das Gespräch per Subraum zwischen uns beiden. Ich habe mir die Augen beinahe aus dem Kopf geweint danach. Und dann… ich hab Mist gebaut und ein Experiment kaputt gemacht, in der Wissenschaft. Ein Terrarium voller Mücken ist kaputt gegangen…
Und dann wurde ich nur wenig später zum ersten Offizier bestellt, man hatte mich als Reporter enttarnt. Es war auch selten dämlich, wieder Mart Fionn als Namen zu nutzen. Ich war am Ende. Ich dachte, wenn ich mich in eine Luftschleuse stelle und die Außentür aufmache, dann wäre endlich alles vorbei. Nur Shay, nur unser Sohn, ist der Grund, weshalb ich das nicht getan habe. Ich bekam Stunden beim CNS. Aber der Kerl ist… er macht mich einfach wütend. Er ging mit mir aufs Holodeck und ließ mich Hochgebirge klettern und erzählte mir dann, als wir in einer Sackgasse waren, dass wir entweder zurück müssten oder sterben. Ich hab das Programm dann kurzerhand auf Anfang gestellt und er ist beleidigt abgezogen. Und der ist Arzt und Psychologe?
Als nächstes dann wollte ich mich bei Tam Sula, dem sCWI, entschuldigen, wegen der Zerstörung des Terrariums. Ich habe Halt gesucht, irgendwie, den hat mir Tam gegeben und wir sind dann im Bett gelandet. Er ist Betazoide und… und dann stellte sich heraus, dass er beim Geheimdienst ist. Er nahm mich an… seine Leine.“
Jynahs Finger glitten zu ihrem Hals: „Sehr wörtlich. Das mag jetzt komisch klingen, aber… das gab mir wirklich Halt. Er ist ein Freund. Wir haben eine Übereinkunft. Er hat das Band hier selbst gemacht, schneidern ist sein Hobby. Ich bin ihm direkt unterstellt worden und alle Artikel laufen erst über ihn und den ersten Offizier. Wir haben etliche Konzentrationsübungen gemacht und ich lernte, wie ich mich abschirmen kann vor anderen, ohne meine Konzentration zu verlieren und meinen Kopf mit Müll zu füllen. Das wird mir helfen, um besser mit meiner Mutter klarzukommen und auch sonst… Und dann… ich war gerade bei ihm, da kam diese Nachricht, mein Kommunikator piepste und es gab ein Problem mit einer Hauptplasmaleitung. Ich hab‘ erst versucht, über den Computer etwas zu erreichen, aber ich konnte es von dort nicht, also bin ich in die Abteilung. Direkt unter die Antideuteriumtanks, wo die Leitung lang ging. Ich hab alles versucht aber da war ein Fremdmagnetfeld und das beeinflusste die Abschirmung der Plasmaleitung zu stark. Das einzige, was ich noch tun konnte, war, mir aussuchen, wo das Leck letztendlich auftrat. Ich dachte, wenn ich es direkt unter mir… dann wäre es schnell vorbei.“
Shay Ruthven schluckte, während er weiter zuhörte und die Gedanken in seinem Kopf rasten.
„Aber dann kam ein Ruf von der Brücke, Captain Toussaint hat mich eingewiesen und mobile Kraftfeldemitter zu mir gebeamt und weitere in ein Lager, wohin das ausgetretene Plasma verschoben werden konnte. Andere haben den Druck umgeleitet. Es ist nochmal gut gegangen alles, mehr oder weniger, ich musste das Leck dann abdichten. Ein Flickset. Ich habe es aufgebracht, aber eine Ecke war noch nicht fest, als es eine Druckschwankung gab. Ich hab versucht, die Ecke fest anzupressen, alles um mich herum brannte. Den Nottransport zur Krankenstation habe ich dann gar nicht mehr mitbekommen.“
<nrpg: Soundtrack ab! https://www.youtube.com/watch?v=QYf-XQDFWd4 >
Jynah sah auf, Tränen in den Augen.
„Shay, ich bin ein Krüppel. Nicht nur das da“, deutete Jynah auf ihren Arm, „Sondern noch viel mehr hier“, zeigte sie auf ihre Brust. „Jeden der mich mag, den stoße ich vor den Kopf. Ich verletze Menschen, besonders die, die mich lieben. Und ich will das nicht mehr. Der einzige, für den ich wirklich wichtig bin, ist Shay Junior.“
Als der Captain der Hephaistos etwas sagen wollte, schüttelte Jynah den Kopf: „Glaub mir. Es ist so. Aber ich hab ein paar wenige Freunde. Da ist Elin, mit ihrem Sohn. Und dann Via, sie bringt mir bei, wie ich meine Finger wieder besser bewegen kann. Amun spielt gern mit Shay, sie bauen zusammen Modelle. Dabei träumt er heimlich von einer Familie mit seiner Freundin, glaub ich. Ich habe dieses… Arrangement… mit Tam. Er ist Nachrichtendienstler und der vertretende Wissenschaftschef. Ich kann weiter Artikel schreiben, auch wenn ich nun kontrolliert werde. Tam würde aus mir am liebsten eine Agentin machen. Du kennst meine Fähigkeiten mit Computern, aber ich kann das nicht. Ich bin einmal mit Marines in eine geheime Anlage eingebrochen. Doka und seine Leute haben so viele dort umgebracht damals…“
Ganz langsam fasste die Halbbetazoidin sich. Sie sah nun auf und in die Augen des Mannes, der sich von der Flut an Informationen förmlich erschlagen fühlte.
„Ich… ich bin nicht wichtig. Shay ist wichtig. Und ich will dass es ihm gut geht. Ich will dass Du sein Vater wirst, nicht nur sein Erzeuger. Du bist noch immer mit Elisa verheiratet. Ich habe überlegt. Seit unserem Gespräch heute. Ich würde ein Versetzungsgesuch einreichen, auf Dein Schiff. Ich würde Admiral Andrews anschreiben und über die Prawda auch Druck machen. Wir könnten das in kürzester Zeit regeln, wenn Du mir dabei hilfst. Wenn Du das willst. Du bekämst eine Technikerin, die sich mit Computern mehr als gut auskennt und mit Energiesystemen, eine Prawdareporterin, die Deine Freundin ist und Deinen Sohn, den Du jederzeit sehen könntest. Ich würde hier alle anderen Freunde zurücklassen und… aber ich würde es tun. Wenn Du das wirklich willst. Ich möchte dafür ein kleines bisschen Illusion einer Familie. So, wie heute Abend. Zweimal in der Woche möchte ich Deine Zeit, vor allem für Shay. Zum Abendessen, um zu reden, auch um über Probleme zu reden, und wir… wir werden uns sicher streiten, über Kleinigkeiten, wie wir es immer getan haben, aber das gehört dazu. Ich will an zwei Abenden das, was Elisa hat und an einem davon bis zum Frühstück. Ich will ein kleines bisschen meinen besten Freund zurück, mit dem ich auch die ganze Nacht reden konnte. Für Shay Junior und auch für mich. Du bekommst einen Teil des Sorgerechtes, Du bekommst jederzeit Besuchsrecht, die Freigabe hier habe ich Dir bereits eingerichtet, Du kannst kommen und gehen, wann Du willst. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht bleibt vorerst bei mir, ich will nicht streiten müssen, falls das alles nicht funktioniert. Ich würde es aber sehr gern versuchen. Die Entscheidung liegt bei Dir und ich verspreche Dir, nie wieder unfair zu sein. Ich werde mir alle Mühe geben. Ich werde Dich niemals anlügen oder hintergehen. Das verspreche ich. Ich möchte, dass Du darüber in Ruhe nachdenkst, mir Deine Bedingungen und Ideen dann sagst. Aber… aber nicht jetzt sofort. Erst wenn Du darüber nachgedacht hast. In Ruhe.“
Nun rannen Tränen, endgültig versagte ihre Zurückhaltung.
„Bitte“, flüsterte sie leise, „nimm mich jetzt nur in den Arm, wie früher, im Arboretum, in der Zeit vor Sigma, und erzähl mir, wie wir in… in dieser Erinnerungswelt… Arcadia… wie wir geheiratet haben, erzähl mir von diesem Hof und den Hühnern, von den glücklichen Zeiten. Wie… wie ich auf der Hochzeit aussah. Ich hätte gern ein ganz kleines bisschen davon, von dem ich träumen kann.“
Shay wurde etwas blass um die Nase herum. Nicht nur weil sie ihm all ihre Erlebnisse erzählte sondern auch wegen ihrer Forderungen. Ganz kurz kam ihm der Gedanke ob sie vielleicht völlig den Verstand verloren hatte. Der Abend war schön gewesen. Sehr schön. Aber das was sie da verlangte war …. er dachte an Trish.
Dann sickerten ihre letzten Worte zu ihm durch und er sah ihr Tränen verschmiertes Gesicht.
Er konnte ihr jetzt unmöglich von Trish erzählen. Nicht wenn Jynah in diesem Zustand war. Irgendwo in einer seiner Hosentasche hatte er ein Stofftaschentuch das er nun heraus zog und ihr vorsichtig die Tränen vom Gesicht tupfte.
Damit gewann er erneut etwas Zeit um seine Gedanken zu ordnen und andere in eine Box zu stecken und die erstmal abzuschließen.
Sie lehnte ihre Wange gegen seine Hand und er schluckte hart ehe er sie zu sich zog und in die Arme schloss. Die Wange nun an seiner Brust gelehnt hielt er sie fest. Wie früher legte er kurz sein Kinn auf ihrem Kopf ab und zog ihren Duft durch die Nase ein.
„Arcadia also.“ begann er schließlich und schloss die Augen. Beschwor die Bilder jener Welt herauf. Der Tag an dem sie sich dort das erste Mal trafen. Er wusste nicht ob ihre Fähigkeiten gut genug waren um die Bilder aufzufangen aber es half ihm beim Beschreiben während er begann zu erzählen.
Er hatte eine angenehme Stimme und das Geschichten erzählen schien ihm in gewisser Weise in die Wiege gelegt worden zu sein. Das hatte sie schon gemerkt als er Junior die Gute-Nacht-Geschichte erzählt hatte. Wie ihr Sohn zuvor entspannte sich Jynah mehr und mehr während er sie in diese seltsame Welt voller Einhörner und Magie zog.
Nicht sicher wieviel Zeit vergangen war seit er begonnen hatte zu erzählen merkte er irgendwann durch die tiefen gleichmäßigen Atemzüge das Jynah in seinen Armen eingeschlafen war.
Vorsichtig um sie nicht zu wecken rutschte er weg von ihr und legte sie sanft auf dem Sofa ab. Er schob noch eines der Kissen unter ihren Kopf und legte die Decke, welche auf dem Sessel gelegen hatte, über sie.
Kurz betrachtete er die Frau die er geliebt hatte und die nun die Mutter seines Sohnes war. Dann seufzte er und räumte die Gläser leise vom Tisch in den Replikator.
„Computer, Licht auf 2 % dimmen.“ befahl er dann leise und stand anschließend fast im Dunkeln.
Noch einmal warf er einen letzten Blick auf Jynah ehe er mit schweren Gedanken das Quartier verließ. Sie hatte ihm da einen schönen Brocken vorgesetzt von dem er noch nicht wusste wie er den schlucken sollte.
</RPG>
<SUM>
# Zeit: MD 1.1901
# Ort: USS Artemis, Quartier Jynah Ros
Shay geht zum Abendessen zu Jynah und lernt dort endlich seinen Sohn persönlich kennen. Der Abend verläuft sehr angenehm bis der Junge im Bett liegt. Dann erzählt Jynah was sie alles erlebt hat und wie sie sich die Zukunft vorstellt, was bei ihr zu einem emotionalen Zusammenbruch führt. Shay versucht sie zu trösten und erzählt wiederum auf Jynahs Wunsch hin von der Zeit in Arcadia bis sie einschläft und er schließlich mit dem Kopf voller Gedanken nach Hause geht.
</SUM>
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submitted by
Assets & Mac