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Ort: Gästequartier, USS Eleanor Roosevelt
Zeit: SpD 4.2100
Manchmal war das Verlangen nach einem Drink schon fast übermenschlich groß. Vor allem, wenn ein ereignisloser Tag in einen weiteren Abend voller Streit überging. Ihre wundervollen grünen Augen schmerzten. Sie presste den Daumen und den Zeigefinger ihrer rechten Hand in ihre Augen und holte tief Luft. Eine alte Regel sagte, dass man für die eigenen Eltern auf immer Kind blieb. Doch in den letzten Wochen fühlte sie sich nicht wie ein Kind. Ihre Eltern benahmen sich nicht wie Erwachsene und überhaupt war die ganze Situation so surreal. Es waren diese Moment in welchen sie sich wünschte, sie hätte das Angebot ihres Mannes, sie zu begleiten, nicht abgelehnt. Doch zum einen hatte er andere Aufgaben und das war auch gut so. Hatte ihr letztes Abenteuer doch deutlich gezeigt, dass auch er eine Aufgabe brauchte, um nicht auf dumme Ideen zu kommen. Zum anderen hätten die ewigen Streitereien ihrer Eltern vermutlich auch irgendwie oder irgendwann auf sie und Daniel abgefärbt.
Sie drückte ihre Stirn gegen das kühle Material, aus welchem die Fenster des Quartieres bestanden. Ihr Blick fiel auf den vertrauten Effekt eines Schiffes bei Warp-Geschwindigkeit. Die Sterne zogen als Striche vorbei. Es tat gut etwas Luft zu holen. Dann blickte Natasha hoch und sah auf ihre Eltern, welche sich immer noch stritten und auf den weiteren Reisegast im Gemeinschaftsquartier. Sie wusste nicht, ob der Captain der Eleanor Roosevelt ein großer Diplomat war. Ob er dem Namen dieses Schiffes gerecht werden konnte. Doch sollte er diplomatische Fähigkeiten haben, dann färbten diese nicht auf ihre Eltern ab. Auch Natashas Skills, welche in diesem Bereich mittlerweile beachtlich waren, verpufften an den eigenen Eltern sang- und klanglos.
„…Du hast doch immer Wert gelegt auf meinen Status, auf die Wohnung, welche ich mit meinem Gehalt bezahlt habe. Auf die gute Ausbildung, welche ich mit meiner Leistung unseren Kindern ermöglicht habe. Dir war es doch immer egal wie es mir dabei geht! Ob ich glücklich bin, ob ich zufrieden bin. Ob ich genug Anerkennung von Dir bekomme. Es ging nur um Dein beschissenes Kleinstadtleben und wie Du es Dir erträumt hast!“
Natasha wollte etwas sagen, doch es hatte keinen Wert, ihre Mutter antwortete ihre Vater direkt und die Tonlage des Streites wurde wieder einmal um eine Nuance lauter. Sie strich sich frustriert durch ihre blonden Haare und setzte sich neben Samantha Connor. Diese nahm Natashas Hand in die ihre und drückte diese.
„Es tut mir sehr leid, dass alles da!“ sagte Natasha zu der Frau, welche mit so völliger Verzweiflung vor ein paar Wochen vor der elterlichen Wohnung gestanden hatte.
„Mir tut es leid. Ich wusste, dass ich Chaos über ihre Familie bringen würde. Jack hat mir immer verboten mich zu melden. Nun weiß ich auch warum…“
Natasha lachte heiser auf. „Oh nein, auseinandergelebt haben die Beiden sich schon viel früher, glauben Sie mir. Lassen Sie sich nicht die Schuld an ihrem Ehekrieg geben.“ Dann zog Natasha ihre Hand wieder zu sich. Auch wenn Samantha natürlich einen gewissen Anteil daran beitrug. Immerhin hatte sie mit Jack eine Affäre gehabt. Natasha schluckte den Groll. Sie wusste, wie es in der Sternenflotte lief. Hier unterschieden sich die Raumfahrer wirklich kaum von den Seefahrer vergangener Zeiten. In jedem Hafen eine andere Braut oder Bräutigam, wie man heute so schön sagte.
„Nimm Sie nicht in Schutz. Sie zerstört alles, was ich für uns aufgebaut habe. Auch für Dich junge Dame!“
Der Zeigefinger ihres Vaters bohrte in Natashas Richtung.
„So und wie macht Samantha das Dad? Nimmt Sie mir meine Ausbildung, meinen Job, meine Vergangenheit? Nichts davon tut sie. Nein, sie erklärt mir rückblickend eher so einiges!“ Natasha versuchte ruhig zu bleiben, doch wie so oft, wenn Jack Larson wütend war, dann gerieten früher oder später alle in sein Zielfeld.
„So, was erklärt sie dir denn? Warum Deine Mutter nie zufrieden war? Warum alle Frauen immer nur nörgeln können?“
„Warum wir nie nach London durften! Warum Du vor einigen Jahren die Akademiejahrgänge so genau verfolgt hast! Warum Du Dich seit Jahren mit der Beförderungskommission auf Du und Du begibst…“
„Wage es nicht junge Dame. Deine Karriere hast Du mir zu verdanken! Ich habe Dich zu dem gemacht, was Du bist!“
Natasha stand auf. Sie blickte zu Samantha, welche nun Tränen in den Augen hatte, dann zu ihrer Mum, welche schon mit einem Taschentuch versuchte ihre Tränen unter Kontrolle zu bekommen. Er hatte ein unglaubliches Talent Frauen zum Weinen zu bringen. Doch das würde er bei ihr nicht schaffen.
„Einen Scheiß habe ich Dir zu verdanken. Es war der Studienberater der Akademie, welcher mir einen Weg auf die Akademie ermöglicht hat. Von Dir habe ich ein Talent für technische Dinge. Doch das ich diplomatische Fähigkeiten habe, welche noch viel besser sind, dass hat erst Admiral Seeberg herausgefunden und gezielt gefördert. Das ich heute hier stehe, habe ich Personen zu verdanken, die mehr in mir gesehen haben als die Tochter eines Cholerikers und Säufers!“
Jack stand plötzlich vor ihr und seine Pranke traf sie hart im Gesicht. Sie hielt sich die Wange und starrte ihren Vater fassungslos an. „Hast Du mir gerade eine Ohrfeige verpasst?“
„Du bist immer noch mein Kind und solange Du Deine Füße unter meinen Tisch…“
„Vergiss es. Du bist ein Arsch und ich strecke meine Füße schon seit Zeitaltern nicht mehr unter Deinen Tisch.“
Natasha hielt sich die Wange, welche zu brennen begann. Dann spürte sie die Tränen in ihren Augen. Bevor jemand anders sie sehen konnte, eilte sie aus dem Quartier. Ihre Mutter schlug derweil mit ihren zierlichen Fäusten auf Jacks Schulter ein. Dieser wandte sich zu seiner Frau. „Sieh nur, was Du wieder angerichtet hast!“
Es war das letzte, was Natasha hörte, dann schloss sich die Tür hinter ihr. Die Tränen flossen nun über ihre Wangen. Warum waren sie eigentlich auf dieser Reise? Um eine Schwester kennenzulernen, von der sie bis vor einigen Tagen noch nicht einmal wusste, dass sie existiert? Um eine Familie zu kitten, welche sich so weit auseinandergelebt hatte, dass es nichts mehr zu kitten gab?
Sie biss sich auf ihre Unterlippe. Ihre Schritte hatten sie in die Bar der Eleanor Roosevelt geführt. Die Crew hatte ihr spielerisch den Namen „Oval Office“ gegeben. Wie immer herrschte reges Treiben in der Bar. Sie holte sich einen alkoholfreien Drink und schlich sich in eine entlegene Ecke. Dort sank sie auf ihren Stuhl und weinte leise in ihren Drink. Wodurch dieser bestimmt nicht besser wurde.
Sie nahm einen Schluck aus dem Glas, schmeckte das Getränk und versuchte das angenehme Gefühl zu konservieren, welches sich mit dem Geschmack ausbreitete. Es gab in den letzten Tagen einfach zu wenig Angenehmes. Wieder fragte sie sich, warum sie ihre Eltern auf der Reise begleitete und was der tiefere Sinn hinter dieser Reise war. Denn sicherlich würde es keine Feier für ihre verloren geglaubte Schwester werden. Sie hatte sich die Akte von Jennifer angesehen und es gab jede Menge an Auffälligkeiten. Jennifer hielt sich nicht gerne an Regeln, sie war eine Problemlöserin, und zwar eine äußerst Kreative. Sie war für vier Jahre auf einem Prä-Warp-Planeten verschollen gewesen. Sie hatte sich selbst aus dieser Lage befreit. Nur um jetzt mit der Hephaistos wieder für eine längere Zeit als verschollen zu gelten. Manchmal wirkte es wirklich so, als würde ihr Vater alles dafür tun, das Jennifer verloren ging und blieb. Doch Jack Larson zu bezichtigen, dafür Sorge zu tragen, dass seine ungeliebte Tochter im All verschwand, das war sicherlich zu viel des Guten. Doch ganz offensichtlich wurde deutlich, dass ihre Halbschwester wenig Liebe in ihrem Leben erfahren hatte. Samantha Connor, ihr leibliche Mutter war überfordert gewesen mit der Rolle einer alleinerziehenden Mutter. Als sie sich nicht mehr zu helfen wusste, hatte sie Jennifer auf die Erde geschickt und in die Fänge von Jack Larson. Dieser hatte nur dafür Sorge getragen, dass ihm Jennifer nicht unter die Augen kam und seine Familie nie etwas von ihr erfahren würde. Wie mochte Jennifer mit dieser Tatsache umgehen? Natasha hatte etwas Angst vor er Begegnung mit Jennifer. Denn es war gut möglich, dass diese überhaupt nicht gut auf die Familie ihres Erzeugers zu sprechen war. Doch Natasha wollte ihre weitere Schwester kennenlernen. Sie wollte den Menschen kennenlernen. Cass und sie waren so unterschiedlich und hatten nie einen wirklichen Draht zueinander entwickelt. Cassandra, ihre jüngere Schwester war immer der Liebling ihres Vaters gewesen. Sie hatte immer alle Förderung ihres Vaters angenommen und war glücklich mit dem Job, welchen sie von ihrem Vater vermittelt, bekommen hatte. Doch jetzt hatte Natasha eine neue Chance. Da war noch eine Schwester. Eine Rebellin, eine Provokateurin, doch auch eine Offizierin, welche sich von Problemen nicht abschrecken ließ, welche sich für ihre Crew einsetzte.
War es möglich zu Jennifer eine Verbindung herzustellen? Aus dieser ganzen verzwickten Situation einen Gewinn herauszuschlagen? Oder war das selbstbezogen und würde Jennifer ihr diese Absichten um die Ohren schlagen wie einen Baseballschläger?
Bald würde Natasha es wissen, dann sie näherten sich K7 und die Hephaistos hatte vor wenigen Tagen dort angelegt.
„Flieg schneller Eleanor, gib alles!“ flüsterte Natasha.
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Ort: Gästequartier, USS Eleanor Roosevelt
Zeit: SpD 4.2100
Eine äußerst inhomogene Reisegruppe ist auf dem Weg nach K7. Die Larsons, Jack und Lisa mit Tochter Natasha und Samantha Connor. Vorwürfe und Gemeinheiten werden gewechselt. Natasha ist gespannt darauf, Jennifer kennenzulernen.
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Submitted by
Friddi
Aka
LtCmdr. Natasha Larson
Diplomatisches Chor