Tier oder nicht Tier, das ist hier die Frage
By malinali@… (Debora Jarosch)
Hallo zusammen,
hier ein etwas längeres Back-Copost von Oli, Fynn und mir, das eigentlich noch zur Soaphpase der Hephaistos gehört. Da Ihr hier aber einen recht guten Eindruck von gleich mehreren Charakteren bekommt, haben wir uns entschlossen, es trotzdem über die JV-Liste zu posten.
Ihr müsst es nicht lesen, wenn Ihr nicht wollt.
Liebe Grüße
Debora
# Ort: USS Hephaistos – Deck 20: Praxisräume Prof. Dr. med Dr. vet Cassian Zevran
# Zeit: SP 16.1600
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“Was?” krächzte der Rabe auf Naziras Schulter leise. “Der soll mich untersuchen? Der sieht eher aus, als ob er selbst eine Untersuchung bräuchte mit diesem fahrenden Dings…”
Entsetzt über Caraxes’ Unhöflichkeit, wurden die Augen der kleinen Trill etwas größer und sie wollte bereits zu einer Entschuldigung ansetzen, beschränkte sich jedoch zunächst auf ein entsetzt-tadelndes “Caraxes…!”
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“Dings! Dings!”, echote Schröder aus der kahlen Krone eines kleinen Baumes aus, der auf dem obersten Brett eines offenen Regals in der letzten Ecke der Tierarztpraxis stand. Die kleine Echse leckte sich über die Augen und schielte umher. Das Ding sah dümmlich aus und war dem weißen Raben (und einer Amöbe) intellektuell weit unterlegen.
Der Tierarzt machte eine unwirsche Handbewegung in Richtung der halb gefederten, halb geschuppten blau-gelblichen Echse und räusperte sich. “Zu dir komm ich gleich.”, kommentierte der alte Mann mit einem faltigen Schmunzeln und ernsten Augen während er mit einem Zeigefinger auf Caraxes deutete, dann wandte er sich an die beiden Humanoiden.
“Das hier ist eine Tierarztpraxis, meine Teuerste. Ich bin nicht 166 Jahre alt geworden, um haarigen Unrat zu impfen.” Er hatte den Finger nun auf die Box, in der sich vermutlich die Tribble befanden, gerichtet. “Lügner!”, krähte Schröder von seinem Macro-Bonsai und Cassian musste unwillkürlich lachen. Aus irgendeinem Grund hatte sich die Echse gemerkt, wie alt ihr Herrchen in etwa war.
Naziras helle Brauen zogen sich zusammen, und sie ignorierte die irritierenden Ausrufe der Echse. “Ich weiß, dass Tribbles bei vielen nicht gern gesehen sind. Diese hier sind jedoch kastriert und somit ungefährlich. Zwei davon gehören unserer Chefingenieurin, der Kleine mit den Punkten wurde uns kürzlich von ihr geschenkt.” Sie sah kurz zu Jori, wie um Unterstützung heischend. “Ihre Meinung in allen Ehren, Dr. Zevran – doch die Anordnung des Captains war eindeutig. Alle Tiere an Bord sollen gechippt werden. Daher haben wir die drei zu Ihnen gebracht. Wenn Sie dies jedoch aus Ressentiments nicht durchführen möchten, verstehe ich das. Bitte zeigen Sie mir dann einfach, was ich tun muss und ich werde mich selbst darum kümmern. Oder es zumindest versuchen.” Die kleine, zierliche Frau hatte die Schultern nach hinten gestrafft und sah dem Tierarzt fest in die Augen. Sie klang nicht verärgert oder aggressiv – nur sehr bestimmt.
Jori sah leicht verwundert zu seiner Freundin. Eine solche Art zu reden, hatte er von ihr noch nie zuvor wahrgenommen. Sie wirkte fast wie eine Mutter, die ihre Jungen verteidigte. Das war sehr ungewöhnlich für die sonst so sanfte Trill.
Caraxes sah nur von Nazira zu dem Arzt und wieder zurück, als würde er ein interessantes Tennis-Match beobachten. Wieder lachte der Tierarzt und schüttelte dann den Kopf.
“Das hat mit Ressentiments rein gar nichts zu tun“, erklärte er und wechselte dann in eine Stimmlage, als würde er mit einem Kind oder mit Schröder reden. “Nur weil es Haare hat und schnurren kanFlüssigkeit n, heißt das nicht, dass Ihr Tribble auch ein Tier ist. Auf Betazed gibt es singende Orchideen und auf Andoria gibt es ein fleischfressendes Knollengewächs. Aber auch das sind keine Tiere.”
Mit einer Eleganz, die von jahrelanger Übung zeugte, wendete Cassian seinen Rollstuhl und rollte zu einem Schränkchen in dem er anscheinend Hyposprays aufbewahrte, denn er kam mit zweien davon in seinem Schoß wieder zurück zu dem Untersuchungstisch, wo er die Geräte ablegte. In beiden steckten transparente Kanülen, die mit einer leicht milchigen gefüllt waren. “Daher handelt es sich also auch nicht um eine Meinung, sondern um eine fachliche Überzeugung. Wenn Sie mir beweisen können, dass Tribble Tiere sind, werde ich sie impfen. Oder chippen, oder was auch immer.”, grinste er breit, was sein Gesicht noch faltiger werden ließ.
Nazira grinste zurück und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Auch, wenn sie sich gerade mehr oder weniger um die Existenzberechtigung von Emily’s und ihren Haustieren stritten und der Arzt recht unverblümt, ja beinahe harsch war – auf eine seltsame Art fand sie den alten Betazoiden in seinem Rollstuhl… interessant? Herausfordernd? Intellektuell stimulierend? Sogar sympathisch?
“Nun gut, Doktor. Doch damit wir von der selben Stelle aus starten, sagen Sie mir bitte zunächst: Wie definieren Sie ein Tier? Welche Kriterien müssten die Tribble erfüllen, um in Ihren Augen als Tiere zu gelten?”
Jori, der die Szene bis jetzt schweigend aber sehr genau beobachtet hatte, konnte an Mimik, Stimme und Körperhaltung seiner Partnerin deutlich erkennen, dass sie sich herausgefordert fühlte und die Herausforderung anzunehmen gedachte – aber auf eine positive, fast schon hochgestimmte Weise.
//Sehr merkwürdiger Tierarzt.// überlegte der Eska. Er hatte natürlich nicht das medizinische Fachwissen über Anatomie oder die komplexen Prozesse und Zusammenspiele eines Körpers, aber als Eska-Jäger und Wildhüter in der Anomalie hatte er durchaus einige Erfahrungen mit Tieren. Sicher, in aller Regel hatte er es mit Tieren, die größer waren als Hasen, zu tun gehabt, aber wieso sollten Tribble keine Tiere sein? Er blickte von Nazira zu Dr. Zevran. Auf die Antwort von ihm auf die Frage der Trill war er mehr als nur gespannt.
“Sieht das hier für Sie aus wie ein Hörsaal?”, fragte der Mann an Jori gewandt, erwartete aber offensichtlich keine Antwort, sondern tätschelte stattdessen den nur für ihn leicht erhöhten sterilen Arbeitstisch, als eine Art Einladung. “Zeigen Sie mal her und dann zeige ich Ihnen was.”, forderte er und wackelte herausfordernd mit den Augenbrauen.
Zögerlich setzte Nazira die Transportbox mit den drei Tribbles auf den Arbeitstisch, nachdem sie einen Blick mit Jori gewechselt hatte, und öffnete das Gittertürchen. “Lumina, Schneeflöckchen, Punito, kommt raus. Alles gut.” gurrte sie leise ins Innere. Während Punito, das Baby, zunächst in der hinteren Ecke blieb, kamen Lumina und Schneeflöckchen langsam heraus, rochen und hörten sie doch eine vertraute Person.
“Das da nennt sich ‘passive Fortbewegung’.”, erklärte der Doc während er darauf wartete, dass immerhin zwei von drei Tribble auf den Behandlungstisch kullerten. “40% des Metabolismus von Tribble wird normalerweise für die Fortpflanzung verwendet – wenn sie nicht kastriert sind. Es gibt keinen dedizierten Bewegungsapparat.” Mit einer Hand, deren Sanftheit im krassen Kontrast zu seiner ruppigen Art stand, hob er eines der Fellknäuel in die Höhe und zeigte es von allen Seiten vor. “Eher wie ein Steppenläufer, diese verdorrten Pflanzenballen, die man in trockenen Klimas beobachten kann.”
“Einen verdorrten Pflanzenballen?” wiederholte Jori fast ein wenig ungläubig. Irgendwie sträubte sich gerade so einiges in ihm. Sicher, Tribble waren keine _höheren_ Tierwesen wie beispielsweise Chrysatos oder Trassel, beides einheimische Tiere von Eska (auch wenn der Chrysatos, ein Raubvogel, mittlerweile ausgestorben war), aber dennoch waren sie Tiere. “Nun, ich verstehe, dass Tribble ihre Besonderheiten haben, so wie alle Tiere. Aber ist nicht das Ziel jeder Lebensform, sich fortzupflanzen? Und nur weil ein Tier keine Glieder zur Fortbewegung hat, heißt das doch nicht, dass es kein Tier ist.” Nach einer kurzen Pause fügte der Eska hinzu: “Oder sind Schlangen und Würmer auch keine Tiere?”
Von Caraxes war ein heiseres Krächzen zu hören, das fast wie eine Art amüsiertes Lachen klang.
Cassians Gesicht verdunkelte sich, und für einige stille Momente taxierte er das Gesicht des Eska, als würde er erforschen wollen, ob nicht vielleicht er gechipt und geimpft gehörte, so wie er sich anstellte.
“Passive Fortbewegung, Lieutenant. Im Gegensatz zur aktiven Fortbewegung.”
Er machte eine Geste mit beiden Händen, als wären sie Teil einer knorrigen Waagschale.
“Ich kenne schlangenartige Wesen, die würde Sie aus Ihrer Uniform heraus fressen und dann Ihren Job übernehmen – und besser machen, als Sie es tun”, knurrte der Alte und schmunzelte dann aber wieder erneut. So garstig er schien, so zugänglich wirkte er doch aber auch.
“Was ich meinte ist, dass Steppenläufer und Tribble auf äußere Einflüsse angewiesen sind, um sich fortzubewegen. Wind. Gravitation. Kollision. Mal abgesehen davon, dass der hier…”, er hielt den Tribble in die Höhe, „dieselbe emotionale und zerebrale Reichweite hat, wie ein Steppenläufer. Dass die ausgetrocknet sind, ist nicht meine Schuld.”
Nazira musste ein Kichern unterdrücken bei den Ausführungen und Beispielen des alten Betazoiden. Doch dann wurde sie recht schnell wieder ernst. “Aktive Fortbewegung, Dr. Zevran. Ich demonstriere kurz.” sagte sie und beugte sich vor dem Tisch etwas herunter, die beiden Tribble fixierend. “Schneeflöckchen, Lumina, kommt her. Na kommt.” Sie hielt eine Hand vor und lockte die beiden Tribble-Damen mit sanfter Stimme an, nachdem der Arzt sie wieder abgesetzt hatte. Beide bewegten sich zügig auf ihre ausgestreckte Hand zu. Sie streichelte sie kurz und fing dann an, ein kleines Liedchen zu summen, das die beiden bereits kannten. Sofort fingen die kleinen Flauschbälle an, im Rhythmus mitzuhüpfen, Lumina stellte ihre Leuchtfrequenz darauf ein und sogar Punito lugte nun aus der Transportbox und gesellte sich zu den beiden größeren. “Sehen Sie? Das ist definitiv nicht passiv, oder?” sagte die silberhaarige Trill dann mit einem verschmitzten Blick zu dem Tierarzt, dessen Gesicht sich in Stein verwandelt zu haben schien. Irgendwann (relativ schnell) blinzelte er wieder, als seine Augen begonnen hatten, sich mit Tränenflüssigkeit zu benetzen und überzulaufen drohten – eben weil er nicht geblinzelt hatte.
“Nein.”, antwortete er schließlich und atmete durch. “Aber das sind auch keine Tribble.”
“Tribble!”, krähte Schröder im Hintergrund und hangelte sich den Bonsai hinunter in den Blumentopf, aus dem das Gewächs spross. “Zumindest keine Originale.” Aus einem Fach an der Lehne seines Rollstuhls zog Cassian einen altmodischen Tricorder, popelte den Handscanner aus der Rückseite und begann mit einem Scan der drei Pflanzen-Tiere-Dinger. Hin und wieder nickte er, mal machte er “Aha”, dann schüttelte er den Kopf und legte sich den Tricorder in den Schoß. “Tourismus-zentrierte Qualzuchten vermutlich.”, erklärte er schließlich und seufzte, griff nach einem der beiden Hyposprays und winkte damit. “Ich wäre so weit.“
Der Eska blinzelte überrascht. Scheinbar hatten ihre Tribble den Status eines Tieres in den Augen von Dr. Zevran erreicht. Auch wenn es ganz den Anschein hatte, als ob der neue Tierarzt an Bord wohl alles mit einer spitzen Bemerkung kommentieren musste. Mit einem etwas schiefen Lächeln antwortete Jori: “Scheinbar haben die drei es also irgendwie geschafft, Sie zu überzeugen, dass sie in Ihren medizinischen Zuständigkeitsbereich fallen.” Sanft strich der Eska mit einem Finger über Punitos Fell. “Dann bitte…fahren sie fort Dr. Zevran” bat Jori den Tierarzt.
Nazira jedoch runzelte besorgt die Stirn. “Qualzucht, Doktor Zevran? Gibt… es etwas, woran diese drei leiden? Soviel ich weiß, hat Lt. Karx sie bei einem Tierladen hier auf K7 erworben..” Dennoch sah sie genau zu, wie der Tierarzt die Tribble behandelte. Und die Erwartungen wurden erfüllt. Die Sanftheit, die er im Umgang mit Humanoiden vermisste, floss zu 100% in seinen Umgang mit Tieren. Da es bei den Tribble kein Oben und Unten gab, drehte und wendete der Betazoid Punito erst in die eine, dann in die andere Richtung und schließlich setzte er ziellos das Hypospray an, um ab zu drücken. Zack – gechipt. Das ganze wiederholte sich noch zwei Male, dann landeten die leeren Kanülen in einem Müllbehälter unter dem Tisch. “Nur eine Vermutung.”, erklärte er jetzt erst, da sein Fokus nicht mehr auf den haarigen Kugeln lag. “Es gibt keinen medizinischen Grund dafür, Tribble zum Leuchten oder zum Hüpfen zu bringen. Ganz abgesehen davon, dass es meiner Meinung nach Tierquälerei ist, Angehörige einer Spezies zu kastrieren, die nicht nur schwanger geboren wird sondern deren sonstiger Lebensinhalt sich auf Fressen und Sex beschränkt. Nehmen wir ihnen eines davon – was bleibt dann noch?”
Mit tiefen, schwarzen Augen blickte er Nazira an, dann Jori und schließlich hob er die Schultern bis an die langen Ohrläppchen in einer Geste, die tatsächlich traurig wirkte.
In Naziras großen grünen Augen konnte er deutlich Schuldgefühle sehen. Sie hatte sie nicht auf diese Art gezüchtet, noch hatte sie die Tribble selbst gekauft, dennoch… doch bevor sie etwas sagen konnte, schaltete sich Caraxes ein, einmal kurz mit den Flügeln schlagend und somit Naziras Haare verwirbelnd, da er noch immer auf ihrer Schulter saß.
“Und jetzt wollen Sie mir sicher gleich erklären, dass ich auch kein Tier bin, da ich, im Gegensatz zu diesen Pelzmatten, viel _zu_ intelligent dafür bin, hrrr?” krächzte er, während er den Arzt aus einem Auge aufmerksam ansah. “Etwas, was ich Nazira schon die ganze Zeit versuche, klar zu machen.”
“Caraxes, Du bist mit Sicherheit kein _normales_ Tier. “zwinkerte Jori dem Raben zu. “Von Deinem physischen Erscheinungsbild aber würde ich davon ausgehen, dass Du bei Dr. Cassian besser aufgehoben bist als bei Jestun.”
“Jaaa…das passt Dir jetzt wieder richtig gut in den Kram, was?” krächzte der weiße Rabe fast ein wenig empört. “Hoffst wohl, dass Du meinen Chip die ganze Zeit orten kannst, damit Du die Müllerin für dich alleine haben kannst, wenn ich im Elysion bin, kraaaah”
Nazira errötete, sagte aber nichts und ließ es die beiden unter sich ausmachen. Herrje, was musste der Tierarzt von ihnen denken…?
Jori blickte den Raben mit ein wenig zusammen gekniffenen Augen an. Er kannte diesen nun schon seit Jahren und er wusste auch, dass der Rabe ein wenig eifersüchtig zu sein schien. Und er wusste auch, was für einen losen Schnabel Caraxes hatte. Entsprechend konnten seine vorlauten Sprüche und Bemerkungen den Eska nicht mehr so leicht überraschen. “Glaubst Du wirklich, dass ich _dafür_ den Chip von Dr. Cassian benötigen würde?” Der ehemalige Wildhüter grinste Caraxes spitzbübisch an. “Der Chip wäre sicher nicht Deine größte Sorge…” Die beiden starrten sich einige Augenblicke an. Dann machte der Eska eine einladende Bewegung in Richtung des Behandlungstischs. “Na komm Caraxes, lass Dich von Dr. Cassian untersuchen…Befehl des Captains.”
“Wer ist Doktor Cassian? Oder… sind wir ins ‘Du’ gewechselt?”, knurrte der Betazoide und sah zwischen den Dreien hin und her, ehe er sich zurücklehnte und dann auf sich selbst zeigte. “Cassian Zevran, Professor Doktor Doktor.”, erklärte er lehrer-artig und schüttelte dann den Kopf, zog aus einer weiteren Öffnung in der Lehne seines Stuhls eine Tüte mit den Erbsenpellets, die er bereits Jetsun und Samantha angedreht hatte und warf sich zwei, drei davon genüsslich kauend und grinsend in den Mund während er Caraxes ansah und seine betazoidisch-tele-empathischen Antennen in die Richtung des weißen Raben ausstreckte.
Der Eska blickte den Tierarzt erschrocken an. Da hatte er sich wohl voll in die Nesseln gesetzt. Ein Fehler, der ihm mehr als nur peinlich war. “Es…es tut mir leid, Professor Zevran. Ich wollte Ihnen ganz bestimmt nicht zu nahe treten…” Joris Blick wanderte kurz zwischen Caraxes, Nazira und dem Tierarzt hin und her. “Das war wirklich nicht meine Absicht…” Jori kam sich so unglaublich dumm vor. Auf Eska gehörte die Anrede einer Person mit deren Rang oder Titel und dem Nachnamen zum guten Ton – gerade, wenn man diese Person nicht wirklich kannte. Er hoffte, dass der Tierarzt das nicht als einen zu großen Affront sah. Nicht so wie Kadett Neuner an der Akademie, der aus der irdischen Stadt Salzburg stammte, der ständig darauf bestand mit irgendwelchen Titeln angesprochen zu werden.
Tatsächlich ignorierte der Betazoid die Ausführungen des ihm fremden Offiziers und hielt den Blickkontakt mit dem Raben aufrecht, während er weiterhin die Erbsenpellets in sich hinein schaufelte als wären sie der genialste Snack, den man sich überhaupt vorstellen konnte.
“Arcadia, hm?”, fragte er dann leise in den Raum; mehr zu sich selbst an einen der Anwesenden. “Hier.”, kündigte er an und warf eine der grünlichen Kugeln in Richtung des Schnabels von Caraxes.
Caraxes kickte die kleine grüne Kugel mit seinem Schnabel ebenso gekonnt weg wie jeder Baseballspieler den Ball mit dem Bat. “Willst Du mich vergiften mit dem Zeug, alter Mann?” krächzte er empört. Nazira schnappte empört nach Luft.
Cassian Zevran schmunzelte, warf sich eine der Kugeln in den Mund und eine weitere nach dem Raben.
Wieder schlug der weiße Rabe die _Giftkugel_ mit seinem Schnabel weg, so dass diese quer durch das Behandlungszimmer flog. “Was soll das werden?” krächzte der Rabe mit einem leicht säuerlichen Unterton. “Ich werde das sicher nicht fressen…Nick versteht was von Essen, Du scheinbar nicht…” Empört flatterte Caraxes mit den Flügeln. “Also, wird das jetzt noch was mit der Untersuchung, oder sind wir jetzt durch?”
Der Tierarzt grinste erneut und hob dann die Schultern. “Sag du es mir.”, erwiderte er mit einem erfrischend jugendhaften Schalk in der Stimme. In der Zwischenzeit hatte Schröder es irgendwie von dem Regal und auf den Behandlungstisch geschafft und zog sich gerade über die abgerundete Kante nach oben, den Blick seiner mops-haften Augen auf die Tüte mit den Pellets gerichtet, wurde aber von Cassian ebenso ignoriert wie von Jori.
“Was das werden soll? Keine Ahnung, alter Mann.” antwortete der Rabe und schüttelte sein Gefieder. “Deine Kügelchen kannst Du an den da verfüttern. Der geiert ja richtig drauf.” Dabei machte Caraxes eine Kopfbewegung in Richtung Schröder. “Ansonsten war es nicht meine Idee, hierher zu kommen und mich untersuchen zu lassen…”, kächzte der weiße Rabe weiter. Jetzt drehte sich Nazira zu ihm und blickte ihn leicht verärgert an. Unter diesem Blick fuhr der Rabe mit einer nur schwer überhörbaren Resignation in seinem Krächzen fort: “…aber damit der Captain und Nazira zufrieden sind…und ich hier schnellst möglich wieder wegkomme…”
Damit flatterte der weiße Rabe von Naziras Schulter herunter auf den Behandlungstisch. “Aber schön vorsichtig…wenn Du grob wirst…werde ich das auch…” funkelte Caraxes den Tierarzt herausfordernd an. Schröder wirkte überaus erschrocken, als direkt vor ihm plötzlich ein ihm fremdes Tier landete und mit den Krallen über das Metall des Tisches klackerte. Cassian legte den Kopf ein wenig zur Seite, während er noch immer versuchte, tiefer in den Raben hinein zu lauschen. Er fühlte sich ein wenig wie Sissy an, die Mama-piepsende Hauskatze der Chefärztin. Aber da war noch mehr, fand der Betazoid und schien fasziniert zu sein. Nebenbei griff er in die Tüte und legte eine Handvoll Pellets in Richtung der Echse, die sich anscheinend nicht an dem Raben vorbei traute und stattdessen sabberte.
“Du hast mich beobachtet, wie ich die Tribble gechipt habe.”, begann der Tierarzt nun langsam und emotionslos und hob die Augenbrauen leicht in die Höhe. “Woher die Sorge, ich könnte grob werden?”
Caraxes krächzte nun leise und wortlos vor sich hin. Eigentlich war er gar nicht besorgt, das konnte Cassian spüren. Er war nur reichlich säuerlich, dass er zu einem _Tier_arzt gebracht worden war, und wollte es an irgendwem auslassen. Und obwohl es Nazira war, die ihn hergebracht hatte – an ihr konnte und wollte er seinen Unmut nicht auslassen. Also traf es eben den Neuling. Da er das nicht gut zugeben konnte, krächzte er nun einfach leise “Dann mach schon.” und kam ein paar Schritte näher auf den Betazoiden zu, während seine Krallen auf dem Tisch klackten.
Ein breites, furchenziehendes Grinsen wuchs auf dem Gesicht des Betazoiden, so breit wie seine Wangen es zuließen. Als Betazoid mit einer Spezialisierung auf Tiere hatte Cassian eine Ahnung gehabt, was hier los zu sein schien. Ganz so klar war Empathie nie, nicht wie Telepathie, aber auf die hatte der Rabe nicht reagieren können oder nicht reagieren wollen – ganz sicher war er sich da noch nicht. Etwas, das sich wie eine Entscheidung anfühlte und zur jetzigen Gestalt gehörte, gepaart mit dem Ärger über den Besuch beim Tierarzt den er verströmt hatte wie Pheromone, seit er zusammen mit den beiden Zweibeinern die Praxis betreten hatte.
Für einen Augenblick war Cassian versucht, seinen Patienten dazu zu bringen, doch eines von den Pellets zu fressen. Stattdessen reichte er die Tüte einfach an Jori weiter. Mit einem kleinen Seitenblick deutete er mit dem Daumen auf sich selbst. “Professor Zevran.”, flüsterte er und schmunzelte. //SO einfach kommst du da nicht raus.//, dachte er bei sich. Auch einem Nicht-Empathen wäre es sehr deutlich geworden, wie peinlich dem Offizier sein Faux Pas gewesen war. Doch Cassian hatte sich bereits wieder Caraxes zugewandt.
“Irgendwelches Unbehagen, Schmerzen, Juckreiz, Verstopfung?”, wollte er wissen und pflückte den Tricorder aus seinem Schoß, die klapprigen Finger um den kleinen, zylindrischen Handscanner geschlossen.
“Seh ich so aus?” murmelte der Rabe, doch gleichzeitig streckte er neugierig den Kopf vor, um zu sehen, was der alte Mann da machte. “Was wird das?” fragte er dann neugierig und deutete mit einem Flügel auf das Gerät, gerade so, als würde er gestikulieren.
Jori hielt die Tüte mit den Erbsenpellets in der Hand. Für einen winzigen Moment hatte er überlegt, ob er den Tierarzt _Professor Zevran_ fragen sollte, ob er dessen Echse damit füttern durfte. Oder die drei Tribbles – wobei er sich sicher war, dass Punito, Lumina und Schneeflöckchen das niemals fressen würden – aber entschied sich dann letztlich dagegen. Vermutlich würde er nur eine weitere Abfuhr vom Tierarzt kassieren. Und darauf hatte er nicht wirklich Lust. Also entschied er sich, einfach erstmal zu schweigen und zuzusehen, wie sich Caraxes behandeln ließ. Zugegebenermaßen musste der Eska durchaus gestehen, dass er auch fasziniert von dem Tricorder war. So ein Modell hatte er bisher auch noch nicht gesehen. Das Design, die Anzeigen…alles wirkte so alt? Aber vielleicht würde der Professor dem weißen Raben dazu gleich noch ein wenig mehr erklären.
“Das hier?” Cassian hielt den Handscanner in die Höhe und ließ das blinkende Ding dann um den Kopf des Rabens kreisen, während es leise Surrlaute von sich gab. Show und Scan – 2 Fliegen mit einer Klatsche. Er war sich unsicher, ob er dem Kopf sonst so nahe hätte kommen können.
“Noninversiver Scan”, erklärte er und blickte auf das Display, dann sah er wieder auf.
“Ich frage dich, weil Du momentan der einzige bist, der mir erklären kann, wie sich die Nahrung, die Atmosphären und die Vibration der Moleküle in diesem Universum auf Dich auswirken. Immerhin bist du nicht von hier. Aber… ich könnte natürlich auch diese Katze fragen.”
“Katze”, echote Schröder kleinlaut hinter dem Raben und inhalierte das letzte Leckerlie.
Caraxes plusterte sich etwas auf. “Mir geht’s prächtig. Ich bin sehr anpassungsfähig.“, krächzte er stolz. “Wir konnten uns schon immer an alles und jeden anpassen. Sissy brauchst Du nicht fragen. Die kann nicht so viel reden.” Dann stutzte er und klappte den Schnabel hörbar zu. So viel hatte er gar nicht sagen wollen. Um schnell vom Thema abzulenken, fragte er, während er den Kopf zur Seite legte und Cassian somit von unten her ansah: “Muss ich wirklich diesen dämlichen Chip kriegen? Ich..” und schon klappte der Schnabel ein zweites Mal laut vernehmlich zu und schnitt somit ab, was der weiße Rabe sonst eventuell noch gesagt hätte. Mit einem gereizten “Krah” ärgerte er sich über seine eigene Großschnäbligkeit.
Cassian, der das Unbehagen deutlich spürte, ging nicht weiter darauf ein. Vielleicht würde er ja bei einer anderen Gelegenheit die Zeit finden, unter vier Augen mit dem Anomalie-Wesen zu sprechen.
“Das oder ein eigener Kommunikator.”, erwiderte er also und zuckte die Achseln. Dem Doc war das anscheinend egal. “Aber falls wir dich chippen, würdest du es kaum spüren und es würde dich anschließend nicht beeinträchtigen, das kann ich versprechen.”
Caraxes’ Kopf schwang herum, um Nazira zu fixieren. Die silberhaarige Trill erwiderte den Blick ihres gefiederten Freundes stumm. Es fühlte sich von Minute zu Minute falscher an, ihn chippen zu lassen wie ein gewöhnliches Tier.. Sie wechselte einen hilfesuchenden Blick mit Jori, der zu sagen schien //Würde uns der Captain häuten und salzen, wenn wir ihn nach einem Kommunikator für einen Raben fragen..?//
Auch dem Eska ging die Frage durch den Kopf, ob das Chippen des weißen Raben eine wirklich gute Idee war. Caraxes war kein _gewöhnliches_ Tier, und wie er gerade unfreiwillig offenbart hatte, schien er in der Lage zu sein, seine Gestalt nach seinem Willen anpassen zu können. Daher würde er Caraxes dann doch gerne im Auge behalten wollen. Und ihm nicht freien Zugang auf der Hephaistos in allen Bereichen geben. Wobei der Zugang zu gewissen Bereichen natürlich nicht am Kommunikator selbst lag, sondern an den entsprechenden Freigaben des Users im System. Jori atmete kurz durch, nickte der kleinen Trill kaum merklich zu und wandte sich dann an Caraxes.
“Caraxes. Du bist unser Gast an Bord der Hephaistos und bist ganz gewiss kein Tier in dem Sinne, wie wir es sonst verstehen. Wenn wir es schaffen, einen Kommunikator an Dir zu befestigen, an einem Halsband oder an einem Deiner Füße und Du versprichst, diesen außerhalb des Quartiers zu tragen, dann denke ich, können wir von dem Implantat absehen. Was meinst du?”
Der weiße Rabe sah Jori fast etwas ungläubig an. Ausgerechnet diese Riffelnase nahm nun seine Seite ein?
Auch Nazira nickte nun. “Ja.. ich rede mit Captain Ruthven. Professor Zevran – erst einmal kein Chip für meinen Freund.”
Caraxes flatterte nun zurück auf Naziras Schulter und beschnäbelte zärtlich ihr Ohr. “Ich verspreche, ich werd das Ding tragen, wenn ihr ein Passendes für mich findet.” versprach er feierlich.
Sie lächelte ihn erfreut an, um dann das selbe Lächeln an den Tierarzt zu wenden. “Vielen Dank, Professor Zevran, für Ihre Hilfe.”
Damit schnappte Jori sich die Transportbox mit den drei Tribbles, und nach einem erneuten Nicken verließen die zwei Humanoiden mit dem weißen Raben und den drei Fellknäulen seine Praxisräume wieder.
</RPG>
<SUM>
# Ort: USS Hephaistos – Deck 20: Praxisräume Prof. Dr. med Dr. vet Cassian Zevran
# Zeit: SP 16.1600
Jori und Nazira sind mit den drei Tribbles und Caraxes bei Professor Zevran, um die Tiere chippen zu lassen. Während den Tribbles zunächst vom Tierarzt der Status als Tiere aberkannt wird weil er sie für zu unterentwickelt hält und Nazira sich bemüht, ihm das Gegenteil zu beweisen, kommt die selbe Frage etwas später bei dem weißen Raben ebenfalls auf – nur in die andere Richtung. Cassian erhält über seine empathische Gabe erste Eindrücke des Anomalie-Wesens. Da Caraxes viel mehr zu sein scheint als er zugibt, wird vom Chippen abgesehen und Nazira will mit dem Captain sprechen, um einen eigenen Kommunikator für Caraxes zu erwirken.
</SUM>
submitted by
Fynn Oli Debora
aka aka aka
Prof.Dr.Dr. Lieutenant Lieutenant
Cassian Zevran Jori Tainia Nazira Tapai
Tierarzt CSO CNS
USS Hephaistos USS Hephaistos USS Hephaistos