Mutter, Vater, Kind
By shanses72@… (Assets)
Jynah und Shay – Die Wiederbegegnung
<rpg>
Zeit: MD -22.0720
Ort: USS Artemis – Quartier Jynah Ros
Noch immer war Jynah krank geschrieben, aber in Kürze sollte sie langsam wieder beginnen, ihre Arbeit aufzunehmen, als Technikerin. Es gab jederzeit an Bord eines Schiffes mehr als genug zu tun, Dinge zu warten und zu reparieren. Zuerst aber nur Kleinigkeiten, mit zwei Stunden Arbeit am Tag beginnend, dann langsam steigern. Bis sie an der Raumstation K7 anlegten, waren es noch drei Wochen. Nun, immerhin sah ihr rechter Arm wieder halbwegs normal aus, auch wenn er nicht so funktionierte, wie sie es sich gewünscht hätte. Aber er fühlte sich normal an für andere, er war erwärmt, nicht mehr das kalte Metall und Kunststoff der Prothese, seit der Humanmantel installiert worden war. Trotzdem mochte sie dieses Ding nicht wirklich und sie weigerte sich, sich damit abzufinden. Es würde eine andere, bessere Lösung geben, irgendwann und irgendwo.
Gemeinsam mit ihrem Sohn saß sie nun am Frühstückstisch. Jynah nahm den letzten Schluck Kaffee aus ihrer Tasse, dann blickte sie Shay an: „Magst Du noch einen Kakao?“
Der kleine Junge mit den schwarzen, wuscheligen Haaren schüttelte den Kopf.
„Okay, dann räume ich gleich den Tisch ab. Was magst Du heute machen? Ich hab noch zwei Stunden Holodeckzeit, wohin sollen wir gehen, was schauen wir uns an?“
Der Junge musste nicht lange überlegen: „Hast Du ein Holodeckprogramm, wo Captain Russven drin ist?“
Jynah wäre beinahe die Tasse aus der Hand gefallen: „Nein, Schatz, tut mir leid.“
„Aber Du hast doch gesagt, der ist ein Held und Captain und mein Vater.“
Die Technikerin schüttelte den Kopf: „Nicht jeder Held hat ein Holodeckprogramm. Es gibt viele Helden, die gute Taten vollbringen und trotzdem nur am Rande in Geschichten erwähnt werden. Oder gar nicht.“
Shay war damit nicht zufrieden: „Aber Du hast doch Bilder von ihm, wieso kein Holodeckprogramm?“
„Das sind alte Bilder. Weißt Du, damals war er Sicherheitschef und ich war da auch schon Technikerin. Er wurde erst danach Captain, einige Zeit später.“
„Also war er früher noch kein Held?“
Jynah seufzte: „Na irgendwie schon, doch, für mich war er das damals schon, manchmal.“
Der Junge überlegte: „Aber wieso sind war dann nicht auf der Heffastos bei ihm?“, fragte er nach.
Jynah versuchte die Frage zu beantworten, aber es war viel komplizierter, als sie gedacht hatte: „Es war einfach… wir waren viel zu jung, wir haben gar nicht darüber nachgedacht, was wir taten, wir versuchten unsere Arbeit zu machen, wir hatten Spaß zusammen und wir haben uns gegenseitig geholfen bei vielen Dingen. Als er… krank war, hab ich ihn gepflegt und er mich, wo ich einen Unfall hatte.“
„So ein Unfall, wie den vor ein paar Tagen?“
Jynah nickte: „Ja, das war so ähnlich, aber nicht ganz so schlimm. Auch damals hab ich zu nah an einem Plasmaleitungsbruch gestanden. Das war aber nicht ganz so schlimm und das war auch nur ein ganz kleines Leck.“
„Hmm, aber warum seid ihr dann keine Freunde geblieben? Ich hab mich gestern auch mit Anders gestritten, da war nur noch ein Stück von dem Kuchen, aber Elin hat gesagt, streiten ist falsch und wir sollten uns das Stück Kuchen teilen.“
Puuh, solch ein Gespräch am frühen Morgen. Wie sollte Jyn das bloss erklären: „Weißt Du, manchmal tun andere, sogar Freunde, einem so doll weh, dass man das nicht vergessen kann. Er war unehrlich zu mir und das hat sehr weh getan und dann habe ich sogar die Sternenflotte verlassen, obwohl ich so gern auf einem Raumschiff bin.“
„So weh, wie der Arm?“
Jynah nickte: „Mindestens, aber mehr im Inneren.“ Sie deutete auf ihre Brust: „Da drin. Und es hat ganz lange weh getan.“
Tatsächlich tat es das noch immer. Irgendwie. Dumpf.
Shay konnte das nicht ganz verstehen: „Dann musstest Du ein Me-di-ka-ment gegen den Schmerz nehmen?“
Traurig sah Jynah ihren Sohn an: „Für manche Schmerzen gibt es leider kein Heilmittel, Shay. Auch wenn das sehr praktisch wäre.“
„Aber bald trifft die Artemis die Heffastos.“
„Hephaistos. Ja, aber woher weißt Du denn das?“
„Elin hat das gesagt. Ich hab ja das Modell mitgehabt und Elin hat gesagt, wir treffen die an Kaaa sieben. Das ist eine Raumstation. So wie Janus. Oder Japori. Oder Ess Bee eins.“
Jynah nickte: „Da hat Elin Recht.“
„Und dann kann ich Captain Russven sehen?“
Nochmals nickte die Mutter: „Ja. Du wirst ihn mögen. Er ist ein guter Mann.“
„Aber er hat Dir weh getan.“
Und wieder nickte sie: „Aber das ist lange her. Und ich habe auch einige Fehler gemacht und war unfair zu ihm, als ich ihm nie etwas gesagt habe über Dich. Und ohne ihn gäbe es Dich nicht und das täte mir noch viel mehr weh.“
Nun war es an Shay, nachdenklich zu nicken und schließlich zu antworten: „Okay, Mama.“
Dann lächelte er: „Gehen wir dann auf dem Holodeck in die Burg? Reiten?“
Jynah lächelte zurück: „Das machen wir! Ich pack uns schnell noch etwas für unterwegs ein.“
Ort: USS Artemis, Quartier Jynah Ros
Zeit: MD 1.1400
Shay Junior war von Deniri – ihrer, oder vielmehr Shays Au Pair – mitgenommen worden, sie wollten aufs Holodeck und dies passte Jynah heute und jetzt außerordentlich gut. Ja, sie sollte sich nicht auffällig verhalten, sie sollte ihren Kopf in Deckung halten, keinen Ärger machen, aber mit einer gewissen Person in Transporterreichweite war dies… nunja, für sie schwer möglich. Den Ärger, den dies heraufbeschwören würde, nun, den würde sie eben eingehen müssen. Es war kein direkter Verstoß gegen ihre Auflagen. Trotzdem war es etwas, was Captain und erster Offizier sicher nicht gern sahen. Und auch Tam würde es missbilligen. Trotzdem. Sie hatte immernoch etwas gut nachdem ihr persönlicher Einsatz sie so viel gekostet hatte, fand sie zumindest.
Jynah kontrollierte sich im Spiegel. Uniform war in Ordnung, das dezente Makeup perfekt, ein Teil der schwarzen Haare der linken Kopfseite herübergekämmt, um das weniger lange Haar auf der rechten zu verdecken, sie hatte daran geübt und Stunden damit zugebracht, die Auswirkungen des Unfalles auf ihr Aussehen zu kaschieren. Bis die Haarlänge wieder so war, wie sie sie mochte, würde es lange dauern. Unter dem Kragen der Uniform trug sie den Choker, ein Schmuckstück und ein Symbol, aber nicht mehr das, was es vor einigen Tagen noch gewesen war. Eine Erinnerung. An diesem hing heute ein weiteres Accessoir. Eine andere Erinnerung. Eine diamantene Träne. Nicht an der Kette, die Shay Ruthven ihr dazu geschenkt hatte, sondern an diesem beinahe durchsichtigen, dünnen, eng anliegenden Band, das ihr Tam von Hand hergestellt und umgelegt hatte. Zum zweiten Mal. Das erste war einem Unfall zum Opfer gefallen, bei dem sie nicht nur Kleidung eingebüßt hatte. Jynah blickte auf ihre rechte Hand, die so anders aussah, als ihre Linke. Das war nicht sie selbst, sondern eine Krücke, auch wenn sie inzwischen damit zurechtkam und die Bewegungen geübt hatte. Die Fingerübungen mit Via und der Beginn des Erlernens eines Instrumentes halfen bei der Wiederherstellung der Beweglichkeit. Kontrabass. Sie schüttelte den Kopf und schmunzelte. Was für eine verrückte Idee. Sie blickte durch den Wohnraum.
Die gepackte Tasche stand auf dem Tisch. Einige Datenchips, ihr ‚Familienalbum‘ in Kopie, ein liebevoll verpacktes und mit einer Schleife versehenes Päckchen mit einem besonderen Inhalt war dort ebenfalls zu finden. Ein Friedensangebot, so wie das, welches sie Shay vor Jahren gemacht hatte. Sie musste es einfach wissen, was mit ihr selbst war und mit dem Mann, den sie vor Jahren geliebt hatte, dessen Sohn sie getragen und geboren hatte und der nun wusste, dass er Vater war. Wie würden sie gemeinsam mit allem zurecht kommen? Oder würde es dabei bleiben, er der Erzeuger, kein Vater für Shay, sondern würde er einfach ein Fremder sein und bleiben, für ihren Sohn.
Sie nahm die Tasche und verließ das Quartier. Sie würde es herausfinden. Ihn überraschen, irgendwo an Bord seines Schiffes, am besten in seinem Büro, so wie früher, als sie sich in sein Sicherheitschef-Büro begab, um ihn dort zu treffen.
Ort: USS Artemis, Transporterraum 1
Zeit: MD 1.1415
„Hey Emil“, grüßte Jynah die Transporterchefin, die freundlich lächelte: „Hey, was machst Du denn hier?“
„Ich muss auf die Hephaistos rüber, kannst Du eben Bescheid geben, dass die mich da im Transporterraum aufnehmen? Ich muss ein paar Prüfungen vornehmen.“
Eingetragen war nichts, aber wenn Jynah das sagte, dann sollte das wohl stimmen. Warrent Officer Emil Tribil konnte ja nicht ahnen, dass es eben KEINEN dienstlichen Grund gab für diesen Besuch und Jynah war überall tätig mit kleineren Reparaturen. Sie hatte mit jedem in der Technik schon bei irgend etwas zusammengearbeitet und verstand sehr viel von Computern, Energiesystemen und Leitungsnetzen. Und ohne Jynah wäre die Artemis jetzt sicher nicht hier, sondern mindestens in einem Reparaturdock. Höchstwahrscheinlich.
„Ja, klar, Moment.“
Der Anruf dauerte nicht lange, das ging direkt von hier. Merkwürdig war es nur gewesen, als Emil den Namen der Person erwähnte, die sie herüber beamen würde. Danach war einen Moment nichts gekommen, dann ein leises, beinahe fragendes „In Ordnung.“ Emil zuckte mit den Schultern: „Ist alles bereit, Du kannst rüber.“
Jynah stellte sich auf die Plattform: „Bereit!“
In einem Lichtwirbel verschwand die Technikerin.
Ort: USS Hephaistos
Zeit: MD 1.1417
Jynah landete auf der Transporterplattform der Hephaistos. Sie hatte gedacht, sie müsste dem Transporterchief oder irgendwem von der Sicherheit des Schiffes erklären, weshalb sie genau hier war, jemanden bequatschen, wofür sie sich mehr als eine Ausrede ausgedacht hatte, aber der Mann sah sie nur aus großen Augen an.
„Danke, Chief, wie komme ich zum Bereitschaftsraum von Captain Ruthven?“, fragte sie. Der Mann war nicht der hellste, wie es schien, so wie er sie stumm anglotzte mit offenem Mund.
„Chief?“
„Ähh, den Gang nach links, vierte Abzweigung rechts, dann erste links, da ist der Turbolift.“
„Danke, Chief.“
Sie schüttelte den Kopf. Starfleet nahm mittlerweile wohl wirklich jeden. Emil Tribil war da deutlich kompetenter. Und freundlicher.
Jynah folgte dem Weg. Einige, die sie sahen, zuckten zusammen, oder blickten sie ungläubig an. Selbst eine Vulkanierin aus der Wissenschaftsabteilung hatte beide Augenbrauen erhoben und war stehengeblieben, als Jynah im Gang an ihr vorbei ging. Was ging hier vor? Sie sah an sich herab. Uniform. Abzeichen. Alles sauber, auch die Schuhe waren geputzt. An ihr war nichts. Hatte sie irgend etwas zwischen den Zähnen? Irgendwas in den Haaren?
Sie suchte eine spiegelnde Oberfläche. Da, ein Eingabeterminal, auf dem sie sich zumindest etwas sehen konnte, sie kontrollierte das dezente Makeup, doch da war nichts in ihrem Gesicht. Dunkler Kajal, der ihre Augen betonte. Die Frisur war in Ordnung, der Schnitt kaschierte die kurzen Haare auf der rechten Seite, die noch immer nachwuchsen, nachdem ihr eine Plasmawolke, ausgetreten aus einem Versorgungsrohr der Artemis, schwere Verletzungen zugefügt hatte. Man sah davon nichts auf den ersten Blick, außer ihrer rechten Hand, deren Färbung nicht ganz zum Rest passen wollte. Sie war auch keine Berühmtheit oder auch nur bekannt. Im Gegenteil. Was hatten die Leute, dass sie sie ansahen, als ob sie ein Geist wäre?
Sie ging um die zweite Wegbiegung, die der Transporterchief beschrieben hatte und lief fast in einen Sicherheitsmann, der ebenfalls zurückzuckte und sie dann ansprach: „Jynah?“, fragte er.
„Kennen wir uns?“, wunderte sich die Technikerin.
„Herribert aus Arcadia, wir haben zusammen in der Gerbergasse gewohnt, Du nur ein paar Häuser von mir weg. Mann, was war ich in Dich verschossen, als wir jung waren. Du musst Dich doch erinnern. Du hast dann später aber Shay geheiratet und damit viele Herzen gebrochen und dann… „
„Moment. Was? Ich habe… Shay… geheiratet?“ Verdammt, was war hier los. Der Officer nickte vehement: „Den Einhornzüchter. Also, den Captain.“
Für Jynah klang das alles wie beginnender Wahnsinn. „Officer, ich habe nie in irgend einer Gerbergasse gewohnt. Wo zur Hölle liegt dieses Arcadia?“
„Oh, Entschuldigung. Ich dachte…“ Wahrscheinlich waren die beiden nicht wiedervereint, überlegte der Officer. Dann fiel ihm ein: Klar, ging ja auch nicht, die Jynah in der anderen Welt war tot. Aber irgendwer hatte ihr doch sicher davon erzählt inzwischen? Dort, in Arcadia, war sie mit vielen bekannt gewesen. Und immer bei jedem Fest ganz vorn dabei. Sie hatte getanzt, gefeiert, jedem netten Jungen schöne Augen gemacht, bevor sie mit dem Einhornzüchter zusammenkam und ihn später heiratete. Ein wenig wunderte es ihn, aber es schien wirklich, dass Jynah nie etwas davon gehört hatte und so entschuldigte sich der Mann: „Mein Fehler, Chief. Tut mir leid.“
Jynah schüttelte den Kopf. Sie verstand gar nichts, als sie weiter in die Richtung ging, in der ihr Ziel lag und erreichte es kurze Zeit später, nach einer weiteren Begegnung, bei der eine Frau sie mit großen Augen ansah. Jynah schüttelte den Kopf, das war doch alles nicht mehr wahr.
Der Turbolift wollte sich nicht öffnen, fehlende Sicherheitsfreigabe. Klar. Nun, das war etwas, womit sie gerechnet hatte. Sie hatte mehrere Möglichkeiten, versuchte die einfachste und tatsächlich: Der zweite manuell eingegebene Code funktionierte. Shay war nie sonderlich einfallsreich gewesen, was Sicherheitscodes anging und ein Turbolift war nun auch kein Hochsicherheitstrakt. Die Kabine war freigegeben, der Code funktionierte ebenfalls bei der Zieleingabe. Sie überlegte, dann entschloss sie sich, ihren ursprünglichen Plan aufzugeben. Noch mehr dieser verrückten Begegnungen ertrug sie nicht.
Die Kabine schloss sich, um sich kurze Zeit später zu öffnen. Die Hauptbrücke des Schiffes. Sie trat ein und in der Mitte saß niemand anderes als ihr früherer Geliebter.
Eigentlich war ihr Plan ein etwas anderer gewesen, sie hatte vorgehabt, auf ihn irgendwo in der Nähe der Brücke zu warten, sich Zugang zu verschaffen zu seinem Büro. Wie früher, als sie oft genug in das Büro des CSO marschiert war, vorbei an seiner Büroleiterin Angel Heart, mit der Jynah viele Stunden tratschend und lachend verbracht hatte, aber diese Blicke und dann dieser Unfug von dem Typen von einem Arcadia und… Einhornzüchter? Und sie mit ihm verheiratet? Das bedurfte dringender Klärung.
„Guten Morgen Captain“, grüßte sie. Nun ja, Frechheit siegte. In ihrem Fall hatte sie es oft genug beweisen können. Ok, manchmal ging sowas auch schief. Bisher hatte es aber hier an Bord geklappt, wenn auch mit seltsamen Nebenwirkungen, die sich Jynah noch immer nicht erklären konnte. Das war doch alles verrückt.
Wie vom Donner gerührt, fuhr Shay Ruthven beim Klang dieser Stimme erst zusammen, dann herum und blickte sie erschüttert an. Dies hatte sie erwartet. Nicht aber, dass mehrere Leute auf der Brücke ein ähnliches Gesicht zogen. Schon wieder diese Blicke! Nicht so der Mann an der taktischen Station, ein großer Klingone, der grimmig die Frau ansah, die hier nichts zu suchen hatte. Das war fast, beinahe, angenehm, im Vergleich zu anderen. Normal!
Shays Miene versteinerte: „Jy? Was…“ Innerlich erschüttert blickte er die Frau an, die plötzlich aus dem Turbolift gekommen war. Ihr Haar… es war so natürlich schwarz, wie in der Anomalie, so wie er sie auf der Avalon damals nur selten gesehen hatte, denn zumeist hatte sie ihr Haar dunkelrot getönt. Der Schnitt war ungewöhnlich. Auch geschminkt war sie deutlich anders, sie sah so anders als auch in ihrem letzten Gespräch aus, das sie per Subraum geführt hatten. Deutlich zu sehen waren die schwarzen Kajal-Umrandungen ihrer Augen. Es war, als sähe er ihren Geist, den er beerdigt hatte. Nur die Uniform wollte dazu nicht passen.
Er stand auf, fasste sich dann aber erstaunlich schnell: „Sam, Du hast die Brücke“, wandte er sich an seine erste Offizierin. Nun, diese Frau kannte Jynah immerhin auch: „Guten Morgen, Commander deCoster“, grüßte Jynah. Beide waren bereits an Bord der Avalon gewesen, hatten in verschiedenen Holodeckspielen und Übungen miteinander zu tun gehabt und natürlich kannte sie Jynah – aber auch aus der Anomalie, wo sie genau diese Haarfarbe gehabt hatte und nicht das dunkle Rot von der Avalon. Dem Schiff, auf dem Shay Ruthven und Jynah Ros… nunja, irgend so etwas wie ein Paar gewesen waren. Samantha ordnete richtig ein, was hier passierte, sie warf der Technikerin einen scharfen Blick zu, als Shay – seine Augen ebenfalls weiterhin auf Jynah gerichtet – auf eine Tür deutete: „Mein Bereitschaftsraum.“
Die Aufforderung war klar und Jynah kam ihr nach. Sie nickte und beließ es bei dem bisherigen öffentlichen Auftritt, obwohl es durchaus Spaß gemacht hätte, direkt hier eine Szene hinzulegen. Früher, vielleicht noch vor einem Jahr, hätte sie dies liebend gern getan. Ihn vorführen, ihm alles an den Kopf werfen, was sie loswerden musste. Den alten Streit entzünden. Heute nicht mehr und schon gar nicht nach diesen merkwürdigen Begegnungen hier an Bord. Nicht, nachdem sie vermutet hatte, er wäre tot und dabei feststellte, dass ihr Ziel ein ganz anderes sein musste, nachdem sie selbst auch beinahe ums Leben gekommen war und einen hohen Preis für ihren Einsatz gezahlt hatte. Für Shay Junior durfte sie das nicht. Und vielleicht auch für sie selbst, um mit sich ins Reine zu kommen und ja, auch mit Shay. Deswegen hatte sie schließlich auch die Tasche gepackt. Sie folgte dem Fingerzeig direkt ohne weitere Worte und trat ein, gefolgt vom Captain der Hephaistos. Hinter Shay schloss sich die Tür.
„Was bei allen Teufeln machst Du hier?“, schoss es aus ihm heraus, als er an ihr vorbei sich in Richtung seines Schreibtisches wandte. Davor blieb er stehen und drehte sich um.
„Ich wollte verschiedene Dinge mit Dir klären, wir haben viel zu besprechen.“
Shay schüttelte den Kopf: „Was hast Du Dir dabei gedacht, auf meiner Brücke zu erscheinen ohne Anmeldung?“
Der Trotz und die Wut und die Verwirrung über diese ganzen verrückten Begegnungen gewannen in ihrem Kopf die Übermacht. Jynah ballte die Fäuste, dann streckte sie ihm die Unterarme entgegen, die Innenseiten nach oben: „Du kannst mich ja in Fesseln legen lassen.“
„Ich hätte fast Lust, genau das zu tun! Es gibt gewisse Regeln…“
Jynah schnaubte und sah ihn mit blitzenden Augen an, die Arme weiter vorgestreckt, trat sie näher zu ihm und hielt ihre Handgelenke offen vor sein Gesicht: „Dann mach! Fesselspiele, oder reden?“
Sie sah immernoch süß aus, wenn sie sauer war. Diese dunklen, aufblitzenden Augen, ihr Gesicht, die kleine Zornesfalte auf ihrer Stirn. Shay war nicht viel weniger wütend als sie, aber wenn keiner von ihnen nachgab, dann… er kannte das Spiel bereits. Etliche Male waren sie aufeinander losgegangen. Und dann danach, die Versöhnung… Nein. Beim letzten Mal nicht mehr. Da war sie gegangen und nicht umgekehrt. Er starrte auf ihre erhobenen Hände, deren Farbe unterschiedlich war, die rechte wirkte nicht ganz richtig. Seltsam falsch.
Er seufzte, lehnte sich rücklings an den Schreibtisch und atmete tief durch. „Well, ja, wir haben viel zu besprechen, und ich möchte das auch so schnell wie möglich, aber…“ Er schüttelte den Kopf. Früher hatte er ihre Spontanität und ihren Einfallsreichtum bewundert – und so einige Male auch verflucht. Früher. Er hätte mit so etwas rechnen müssen. Nun, nur fast genau mit so etwas. In der Mitte hatte sie nie stehen wollen, sie fühlte sich eher am Rand wohl, als auf einer Bühne, wie bei diesem Auftritt, den sie dort hingelegt hatte. Das war etwas, was er ihr nicht zugetraut hatte. Eher ein heimliches Auftauchen in seinem Büro. Er konnte ja nicht ahnen, dass dies genau ihr ursprünglicher Plan gewesen war. Nochmals schüttelte er den Kopf, fuhr sich durchs Haar, dann über den Bart, atmete tief durch, während Jynah langsam die Hände sinken ließ und ihre Anspannung abnahm.
Shay nahm wahr, wie unterschiedlich die Hände, die Handgelenke aussahen, die Farbe der rechten Hand, blasser, heller, unwirklich wirkend. Was war nur mit Jynah passiert? Mit seiner einstmals besten Freundin, mit der er viele Nächte verbracht hatte, einige Male nur mit reden, andere Male – mit anderen Beschäftigungen. Er wusste um ihren Unfall. Um den Plasmaleitungsbruch. Um ihren Einsatz, bei dem sie ihr Leben eingesetzt hatte, um andere zu retten. Auch das gehörte zu ihr und mehrfach hatte er auch Angst um sie gehabt, bei verschiedenen Aktionen, für die sie sich freiwillig gemeldet hatte.
Auch Jynah atmete einmal tief durch. Das was sie da hingelegt hatte, _WAR_ so nicht in Ordnung. Da war ihr wieder einmal ihr Temperament durchgegangen. Tam würde sie mit einem missbilligenden Blick tadeln und auf die mangelnde Selbstkontrolle hinweisen. Und ein kleines bisschen schuldig fühlte sie sich jetzt doch. Nun, da war immernoch der Inhalt der Tasche und sie gab ihm nicht die Zeit, sich zu sammeln: „Shay, es tut mir leid, ich hatte eigentlich nicht diesen Auftritt vor, aber… ach, Scheisse. Verdammt“, sie war immernoch wütend, aber nun auch auf sich selbst und trotzdem musste sie es wissen: „Bevor wir anderes besprechen: Wo liegt Arcadia und wieso glaubt irgendwer ich habe Dich geheiratet? Und…verdammt, weshalb starren mich alle Leute hier an, als hätten sie einen Geist gesehen?“
<nrpg: Hepp – gern auch Copo, Mac? *liebguck* Idee kam, als Temba dann doch noch lebte. Danke, Debora! Das war göttlich! >
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<sum>
Zeit: MD -22.0720
Ort: USS Artemis – Quartier Jynah Ros
Jynah erklärt ihrem Sohn, auf dessen Fragen, warum sie und ihr Vater nicht zusammen leben.
Ort: USS Artemis, Quartier Jynah Ros
Zeit: MD 1.1400
Jynah Ros bereitet sich vor auf ein ungeplantes Treffen mit Captain Shay Ruthven, jedes Detail und die Überraschung sollen perfekt sein. Der Plan steht.
Ort: USS Artemis, Transporterraum 1
Zeit: MD 1.1415
Interessanterweise gibt es keinerlei Schwierigkeiten, als gemeldet wird, dass Jynah Ros auf die Hephaistos gebeamt werden soll.
Ort: USS Hephaistos
Zeit: MD 1.1417
Angekommen auf der Hephaistos erlebt Jynah einige seltsame Begegnungen, die ihren Plan durcheinander bringen. Anstatt Shay Ruthven irgendwo abzufangen, beschließt sie, ihn direkt auf der Brücke zu besuchen, was keine so gute Idee zu sein scheint im Nachhinein. Im Bereitschaftsraum kommt es kurz zu einer Meinungsverschiedenheit, dann atmen beiden tief durch.
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submitted by
REP/TECH CPO Jynah Ros
aka
Assets (Sven)