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Da Mac sich ja im Chat darüber ‚beschwerte‘, dass wir diesen Monat noch nicht so viele Postings haben (:P) – und da wir uns ja bis Ostern sputen sollten – hier noch ein CoPo von Debora und mir. Irgendwie auch österlich – immerhin geht es um den Frieden. Wir hoffen, das Thema ist euch nicht zu schwer – viel Spaß beim lesen.
Debora & Effi
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Nemesis (griechisch Νέμεσις Némesis, deutsch ‚Zuteilung (des Gebührenden)‘) ist in der griechischen Mythologie die Tochter der Nyx (Nacht) und Göttin des gerechten Zorns, der ausgleichenden Gerechtigkeit, wodurch sie zur Rachegottheit wurde.
Ihre Begleiterin ist Aidos, die Göttin der Scham. Nemesis bestraft vor allem die menschliche Selbstüberschätzung (Hybris) und die Missachtung der Themis, (der Göttin) des göttlichen Rechts und der Sittlichkeit. (Quelle: Wikipedia)
#Zeit: MD 95.1230 / SpD -5.1230
#Ort: USS Hephaistos, Elysion
Ajur ging durch die dicht besetzten Reihen des Elysion. Auch wenn es keines der anwesenden Mannschaftsmitglieder wagte, ihn offen anzufeinden (immerhin war er Offizier, und die Ansage aus den Reihen der Schiffsführung damals war eindeutig gewesen), herrschte doch eine seltsame Stimmung, wenn der Klingone vorbei ging. Viele der Crewman und Petty Officer blickten plötzlich in ihr Essen oder konzentrierten sich auf ihre Tischgenossen. Daran hatte sich der TAK mittlerweile – notgedrungen – gewöhnt. Was seit Arcadia neu war, waren die Blicke einiger, die so wirkten, als würden sie auf ein Erkennen warten, als wäre man in einem anderen Leben gut bekannt gewesen – doch Ajur konnte sich beim besten Willen nicht an solches erinnern.
Sureya entging die noch immer bestehende latente Feindseligkeit nicht. Das war schon damals, als sie noch Erste Offizierin an Bord der Hephaistos gewesen war, ein Problem gewesen. Seitdem schien sich wenig geändert zu haben. Was nicht verwunderte – immerhin herrschte noch immer Krieg.
Und nun war sie auch nur Gast an Bord. Die Hephaistos war nicht ihr Schiff – und vermutlich würde sie es auch nicht besser machen, wenn sie sich einmischte.
Immerhin – wenn man als Captain eines anderen Schiffs im Elysion saß, wurde man auch eher gemieden. Was dazu führte, dass sie – wie erwartet – einen freien Tisch hatte. Was Ajur vermutlich auch vorausgesehen hatte, als er diese Nicht-Verabredung mit ihr traf. Und so steuerte er auch auf ihren Tisch zu.
“Captain Bateh” grüßte er. “Darf ich mich dazu setzen?”
“Ich bitte darum!” antwortete die Ägypterin und lächelte freundlich. Sie hatte während ihrer Zeit an Bord den Klingonen sehr zu schätzen gelernt – und sich so auch auf dieses Treffen beim Essen gefreut.
Ajur setzte sich. Wie zu erwarten, hatte er ein Gericht aus (künstlichem, da replizierten) Fleisch auf dem Teller. Es roch irgendwie nach gegrilltem Wild – dazu passten dann auch die dunkle Soße, das bohnenartige Gemüse und der fast grau wirkende Kanten Brot, den Ajur dazu genommen hatte.
Als sie vor ein paar Minuten selbst bestellt hatte, hatte sie Paska-Langohr mit Jutro-Bohnen auf der Karte gesehen – das musste es wohl sein.
“Guten Appetit” wünschte sie dem TAK der Hephaistos, der einen kurzen Blick auf ihren Teller warf und dann – entgegen seiner sonst so knappen Art – ein “Das wünsche ich Ihnen auch” erwiderte.
“Wie kommen Sie zurecht?” fragte Sureya dann, um keine Stille aufkommen zu lassen.
“Die Gedächtnislücke ist noch etwas seltsam“, gab Ajur zu. “In einem Moment sind wir noch in der Schlacht und werden in die Anomalie gezogen… dann stehe ich vor einer Mühle, gehe hinein und bin wieder zurück auf der Hephaistos. Für mich ist dazwischen quasi keine Zeit vergangen – für andere schon. Und hier draußen erst recht.”
“Ja, Sie haben sich ja nicht wiedervereinigt… wieso eigentlich?”
“Auch das ist verschwommen – irgendwas an meinem anderen Selbst hat mir nicht gefallen. Ich empfand es als ablenkend. Ablenkungen können wir aber nicht gebrauchen.”
“Nun, wenn Sie mich fragen, haben Sie einerseits ganz viel und dann aber auch wiederum nichts verpasst. Sie haben ja die Berichte gelesen..”
Ajur nickte.
Während die Hephaistos in der Anomalie gewesen war, war der Krieg fast zu einem Stillstand gekommen – zwar kam es immer wieder zu Kampfhandlungen, doch außer beschädigten Schiffen und zu vielen Toten und Verletzten, geschah nicht viel. Kaum ein Sieg schien von Dauer, kaum eine Eroberung lange erfolgreich. Derzeit fühlte es sich so an, als wäre es mehr ein Ausdauer-Test als alles andere – nur leider mit Opfern. Die Sternenflotte hatte den klingonischen Vormarsch aufhalten können, indem sie fast alles, was sie hatte, an die Front verlegt und den Bau neuer Schiffe beschleunigt hatte. Die Folgen davon waren in der Föderation schon zu spüren. Die Frage war jetzt, wie lange das klingonische Reich sich diesen Krieg noch leisten konnte…
“Wie hat Ihnen denn mein Schiff gefallen?” wechselte Sureya lieber das Thema.
“Sie waren ja leider früher weg, da konnte ich Sie gar nicht mehr fragen.”
Ajur hatte sich gerade ein Stück Fleisch abgeschnitten und es mit der Gabel in den Mund geschoben. Er kaute bedächtig, während er Sureya ansah. Er dachte nach.
“Ein beeindruckendes Schiff. Und ein gefährliches.” sagte er dann, als er ausgekaut hatte. “In mehr als einer Hinsicht.” Dass nicht nur Bewunderung seine Rede führte, sah Sureya daran, dass sein Gesichtsausdruck irgendwie traurig wurde.
“Was meinen Sie?”
“Das Schiff ist noch mehr ein Kriegsschiff als es die Prometheus-Klasse ist”, begann Ajur, seine Gedanken offen zu legen. “Die Rayleigh-Panzerung ist ein bahnbrechender Fortschritt – aber ich sehe auch die Gefahren dieser Technologie – besonders, wenn sie in die falschen Hände gerät. Ich bin mir auch nicht sicher, ob das FKOM bereits ausreichende Notfallpläne hat, sollte ein Schiff mit dieser Panzerung einmal auf der Gegenseite stehen.”
“Nun, die USS Nemesis ist ein Prototyp und das einzige Schiff mit dieser Panzerung – mein Schiff gerät nicht in ‘falsche Hände’.” entgegnete Sureya. Ihre Augen blitzten hell, und sie hatte etwas von einer Raubkatze – wer an ägyptische Mythologie glaubte, mochte in diesem Moment etwas von Sachmet in ihr sehen.
“Eine Büchse, die einmal geöffnet wurde, kann nie wieder ganz geschlossen werden” antworte Ajur ernst. “Und Sie wissen auch, dass das nicht stimmt – also dass die Panzerung nur auf ihrem Schiff ist. Es gibt dort draußen irgendwo ein Modell, einen Runabout, irgendein Versuchsschiff mit dieser Panzerung. Und mir fallen schon mehr Möglichkeiten, als ich gutheißen kann, ein, was mein Bruder mit einer solchen Panzerung anstellen könnte.” Er schüttelte den Kopf. “Was einmal erfunden wurde, wird Verbreitung finden. Es ist nur eine Frage der Zeit.” Er griff nach dem Brot und brach es.
“Aber darüber möchte ich auch gar nicht streiten, Captain. Es ist etwas ganz anderes, was mir wirklich Sorgen bereitet. Etwas, wozu mich Ihre Einstellung sehr interessiert – und was ich Sie nie fragen würde, würden wir uns nicht kennen.”
“Jetzt… bin ich gespannt.” Sureya sah ihn aufmerksam an. So hatte sie sich dieses Mittagessen eigentlich nicht vorgestellt. Und doch interessierte es sie, was der Klingone zu sagen hatte. Scheinbar entspannt schlug sie die Beine übereinander, lehnte sich zurück und nahm nur gelegentlich einen Bissen von ihrem eigenen Teller, wie nebenbei. Sie hatte sich ein italienisches Gericht der Erde bestellt, Saltimbocca mit hellem Fladenbrot, auf das sie gelegentlich Olivenöl träufelte, bevor sie es langsam aß. Wer sie nicht kannte, würde glauben, sie wäre gerade sehr locker und gelassen. Doch Ajur kannte sie besser und wusste um ihre Natur – als guter Beobachter sah er die jederzeit zum Sprung bereite leichter Anspannung in ihren Gliedern.
“Wie ich sagte, ist ihr Schiff deutlich ein Kriegsschiff – keine Wissenschaftsabteilung, keine psychologische Abteilung – damit auch kein dezidierter Berater, wie auf anderen Schiffen… wissen Sie, von welcher Flotte ich solche Designs kenne?” Er seufzte. “Ich habe mich über die Bedeutung des Namens kundig gemacht, den man dem Schiff und seiner Klasse gegeben hat. ‘Nemesis’ – eine irdische Göttin des ‘gerechten Zorns’ und der ‘Rache’… “ Der Klingone sah Sureya direkt in die Augen.
“Was ist mit der Sternenflotte passiert? Wo sind all die Enterprises, Marie Curies und Apollos hin? Wann hat es begonnen, dass Schiffe nach Rache- und Jagdgöttinnen oder Waffen benannt werden? Was hat sich verändert, dass man sich genötigt sah, Schiffsklassen ‘Furchtlos’ oder ‘Herrscher’ zu nennen? Wo ist denn die ‘Jin’-Klasse? Wann wird die USS Eirene in Dienst gestellt? Was erforscht die USS Cochrane gerade?”
Wieder wirkte er traurig.
“Ich habe mich für die Sternenflotte entschieden, weil ich an die Ideale glaube, die ich hier kennengelernt habe. Ideale, die den Konflikt nicht fürchten, aber bisher auch nicht suchten. Auch wenn die Hephaistos hinter den Linien operiert, so heißt sie doch nach einem Götter-Handwerker, nach einem Erschaffer und Erbauer. Ja, mein Volk hat diesen Krieg offiziell begonnen – aber war die Schicht der hehren Ideale nur so dünn?” fragte er, legte das Brot weg.
“Ihnen gegenüber gebe ich es zu – ich habe Angst. Nein, natürlich nicht die Furcht eines Feiglings, der vor der Schlacht davon läuft – aber die Furcht von jemandem, der den Wunsch nach Frieden hegt und dieses Licht verlöschen sieht.” Er knurrte. “Mein Volk hat, so ist es überliefert, einst die eigenen Götter getötet, um das Joch, das ihren Willen auf uns legte, abzuwerfen. Wir haben einst für die Freiheit gekämpft. Wussten Sie, dass einige der – zugegebenermaßen recht wenigen – Schriftgelehrten meines Volkes der Meinung sind, Kahless habe in seinen ursprünglichen Werken nie von einem ‘Krieger’ gesprochen? Natürlich fallen die Begriffe ‘Kampf’ und ‘siegen’. Es wird davon gesprochen, was ‘bezwungen’ werden muss und dass wir uns ehrenvoll den Bedrohungen stellen müssen. Aber wir Klingonen waren einst vor allem Jäger, die jeden Tag als Überlebenskampf begriffen. Und nun scheint es so, als hätten wir uns doch wieder einen neuen Gott erschaffen – den Krieg, der nur um seiner selbst Willen gefochten wird. Doch wenn die Föderation in die gleiche Falle tappt, wenn man nur allzu bereit ist, den Pfad von Rache und Zorn einzuschlagen – was unterscheidet dann die Hardliner der Föderation von jenen Klingonen, die im Khitomer-Abkommen eine Schmach sehen? Am Ende interessiert es den Gott Krieg nicht, welche Seite gewinnt – halt, ich möchte korrigieren: am besten gewinnt keine Seite, sondern das Töten geht immer weiter. Aus Stolz, aus Rache, aus Wut, aus Trauer oder falsch verstandenen Nationalgefühl… nur die Leichenberge zählen vor dem lachenden Angesicht dessen, der nun schon mein Volk beherrscht.”
Er ballte die Hände zu Fäusten, die Zähne mahlten grimmig in seinem Kiefer aufeinander.
“Also, Captain, bitte sagen Sie mir – warum kommandieren Sie die ‘Nemesis’?” Es war klar, dass er damit nicht fragte, warum sie Captain war oder ihre Pflicht tat – mehr darum, was sie mit dieser Verantwortung anfing. War sie Rettungsengel – oder Bumm-Bumm-Bateh?
Sureya hatte ihm schweigend zugehört und ihn dabei ruhig, doch wachsam beobachtet. So offen, wie jetzt gerade, hatte er noch nie mit ihr gesprochen und sie wusste, dass es ein enormer Vertrauensbeweis war. Ein Vertrauen, das sie um keinen Preis brechen würde und das sie gewillt war, zu erwidern. Ein Vertrauen, das sie anflehte, seine Sorgen zu zerstreuen.
Für eine Weile war es still am Tisch, während sie ruhig aßen und die Ägypterin nachdachte. Nebenbei war sie sich der Blicke bewusst, die von anderen Tischen auf ihren gerichtet waren, die sie jedoch ignorierte. Dann, endlich, stieß sie ein leises Seufzen aus.
“Ich kann Ihre Bedenken sehr gut verstehen, Ajur. Ich teile sie sogar, wenn es auch nicht so wirken mag, besonders auf die wenigen Personen, die mich von früher kennen.” Die Hand, die ihre Gabel führte, malte langsam, fast meditativ, Muster in die Sossenreste auf ihrem Teller. “Ich denke nicht, dass die Schicht der hehren Ideale so dünn ist, wie Sie befürchten. Diese Ideale leben noch immer, in jedem Sternenflottenoffizier, der gerade seinen Dienst verrichtet, in jedem Ausbilder an der Akademie, und auch im FKOM. Durch den Krieg sind sie nur… in den Hintergrund gedrängt worden. Überlagert von Notwendigkeit. Das mag manchen besser gefallen, als anderen. Aber ich bin zuversichtlich, dass sie, sobald der Krieg endet, wieder zutage treten werden.”
Ajur konnte sehen, dass auch die kleine drahtige Frau, genau wie er zuvor, die Kiefer fest zusammengepresste, während sie ihre nächsten Worte wählte. Er konnte ihre Besorgnis sehen. Sie zeigte sie ihm, hatte für einen kurzen Moment die Maske der CO, die nichts und niemand aus der Ruhe bringen oder beeindrucken konnte, abgelegt, was ihrerseits ihm gegenüber ebenfalls ein Vertrauensbeweis war. Sie ließ ihn sehen, was in ihr vorging. Ihre klaren grünen Augen hielten seinen Blick fest, verbargen nichts.
“Die Föderation hat früher bereits Kriege gefochten, doch selten haben sie so lange angedauert wie dieser, und das mit so wenig Entwicklung. Das zehrt die Geduld auf, und nicht jeder hat so viel Beherrschung wie Sie und ich.” Sie lächelte ein kleines, grimmig-trauriges Lächeln. “In Friedenszeiten sind wir Forscher, Entdecker. Freundlich, friedlich, neugierig, zurückhaltend. Wie ein verspieltes Kätzchen tollen wir zwischen den Sternen umher, auf der Suche nach neuen Freunden und spannenden Entdeckungen. Das mag auf Außenstehende schwach und weich wirken, so dass es immer wieder zu Herausforderungen kommt. Irgendjemand versucht immer wieder, die Föderation und die Sternenflotte zu pieksen, um herauszufinden, ob wir kuschen, oder zurückpieksen. Meist reicht ein kurzes Fauchen, ein Ausfahren der Krallen, ein kurzer Blick hinter die Maske des Kätzchens, um den Tiger zu sehen, der dahinter steht und Wache hält. Ein kurzer Beweis, dass wir auch sehr stark sein können. Diesmal… ist es anders.” Sie seufzte und sammelte kurz mit einer Hand ihre vielen Rasta-Zöpfe zusammen, warf sie sich hinter die Schulter, damit sie nicht ins Essen gerieten.
“Die Klingonen versuchen gerade, den Tiger auszubluten, seine Ausdauer und Stärke langsam zu zermürben. Einen solchen Krieg mit ehemaligen Verbündeten zu führen, ist besonders schmerzlich. Nicht nur aufgrund des gebrochenen Vertrauens, sofern es vorhanden war… immerhin gab es mal so etwas wie gegenseitige Achtung und Respekt zwischen dem klingonischen Reich und der Föderation. Nein, auch aufgrund der Tatsache, dass sich ehemalige Verbündete viel zu gut kennen. Es wird nicht mehr fair gespielt. Und natürlich wäre es leicht, auf die Klingonen zu deuten und zu sagen: ‘Die haben aber angefangen!’, doch je länger ein solcher Krieg dauert, umso weniger kann eine der beteiligten Seiten von sich behaupten, besser zu sein, lauterer, vernünftiger… ehrenvoller. Irgendwann wird nur noch aufeinander eingeschlagen, bis einer endlich still hält. An diesem Punkt sind wir langsam angekommen, Ajur.”
Die kleine Ägypterin wechselte die Sitzposition und nahm einen weiteren Bissen ihres langsam kalt werdenden Essens. “Die Föderation, das FKOM, wollen es sich nicht anmerken lassen, versuchen, die Fassade aufrechtzuerhalten, aber es schleicht sich Verzweiflung ein. Wir haben so viele Schiffe verloren, so viele Leben wurden ausgelöscht, auf beiden Seiten… und derzeit glaube ich, kaum noch jemand kann sich wirklich noch daran erinnern, was diesen Krieg eigentlich ausgelöst hat. Oder schert sich darum. Der Sinn dahinter – sofern es je einen gab – ist verloren gegangen. Wie zwei müde Gladiatoren in der Arena, die kaum noch gerade stehen können und bereits aus vielen Wunden bluten, schlagen wir weiter aufeinander ein, zu stolz, um aufzugeben. Wenn das noch ein bisschen so weitergeht… nein, ich denke, wir sind schon an dem Punkt angekommen, wo es keinen wirklichen ‘Gewinner’ mehr geben kann.” Sie seufzte, und kurz bemerkte der Klingone Müdigkeit in ihrem Blick. Selbst sie, für die Kämpfen in ihrer Natur lag, war kriegsmüde.
“Die Nemesis ist vielleicht nach einer Rachegöttin benannt, aber sie entstand aus Verzweiflung, Ajur. Ja, es stimmt, Krieg fördert immer auch Entwicklung und Innovation, wie man an der Rayleigh-Panzerung sehen kann. Aber alle technischen Neuerungen und die schwersten Waffen in einem Schiff zu bündeln, um eine ‘ultimative Waffe’ zu bauen, ein ‘schaut her, wir sind besser als ihr’, ist nicht nur Verzweiflung, es ist tatsächlich… entgegen unserer Ideale. Ideale haben im Kampf ums eigene Überleben schon immer den Kürzeren gezogen. Leider. Und je länger der Krieg noch andauert, umso schlimmer wird das werden.”
Ihr Blick wurde etwas härter. “Sie haben mich gefragt, warum ich die Nemesis kommandiere, Ajur. Ich kenne Sie gut genug, um zu wissen, dass Sie damit nicht meine Befähigung hinterfragen, sondern meine Motivation und Einstellung.” Sie nickte kurz. “Normalerweise stehe ich nur meinen Vorgesetzten Rede und Antwort, aber ich will Ihnen trotzdem antworten, diesmal.”
Der klingonische TAK konnte sehen, wie die entspannte Haltung von ihr abfiel, sie wirkte nun, als würde sie sich für einen Angriff bereit machen, jeder Muskel war gespannt.
“Sie kennen meinen Ruf und zumindest einen Teil meiner Historie, soweit sie in meiner Akte vermerkt ist. Manch einer würde behaupten, mir die Nemesis zu unterstellen, wäre gleichbedeutend damit, einen glimmenden Span an die Lunte eines Pulverfasses zu halten. Doch diese Leute sehen nur, was ich getan habe, aber nie, warum. Sie sehen, dass ich gerne dreckig und blutig bis zum Umfallen auf dem Holodeck kämpfe, und dass ich früher bisweilen waghalsige Manöver durchgeführt und scheinbar übereilte Entscheidungen getroffen habe, die viel Material zerstört und Leben gefährdet haben.”
Ein erneutes kleines Seufzen füllte die Pause, während sie ein paar Mal durchatmete und ihm dann wieder direkt in die Augen sah, während sie sich schmerzlich an die USS Yucatan erinnerte, ihr früheres Schiff, das die Kolonie und Station New Haven 10 Jahre lang beschützt hatte und letztendlich bei einem der ersten Angriffe der Klingonen im verzweifelten Kampf gegen eine Übermacht zerstört wurde, um den Zivilisten die Flucht zu ermöglichen.
“Außerhalb des Holodecks kämpfe ich ausschließlich, um zu beschützen, Ajur. Nicht für die Ehre, nicht für Ruhm, und gewiss nicht, um meinen eigenen Blutdurst zu stillen, wie mir schon unterstellt wurde. Die Föderation, die Sternenflotte, sind mein Leben, meine Heimat. Ich glaube an sie. Jeder, der sie bedroht, ist mein Feind. Nein, ich bin keine Forscherin, keine Entdeckerin. Ich bin nicht friedvoll. Ich bin Kriegerin. Ich stehe in erster Reihe, ein Schild vor jenen, die friedlich forschen und entdecken wollen, um sie zu beschützen, damit sie genau das tun können. Ich führe die Nemesis und ihre Crew, die ich mir sehr genau ausgesucht habe, nicht, um noch mehr Blut zu vergießen, sondern um meinen Beitrag zu leisten, damit dieser unsäglich idiotische Krieg endlich ein Ende findet. Während andere zögern, handele ich. Ich beginne keine Kämpfe, Ajur. Ich beende sie.”
Bei den letzten Sätzen war ihre Stimme härter geworden und sie hatte eine Hand zu einer Faust geballt, so fest, dass die Knöchel weiß durch ihre gebräunte Haut schimmerten.
“Ich will diesen Krieg beenden, und wenn es das letzte ist, was ich tue. Damit danach wieder in Frieden geforscht und entdeckt werden kann. Und wenn ich, wenn wir, die Nemesis, diesen Krieg überleben sollten, dann würde mich nichts mehr befriedigen, als mein Schiff in ein Museumsstück umgewandelt zu sehen, als Mahnmal und als Erinnerung daran, wie wir nicht sein wollen.”
Ajur sah Sureya sehr lange an. In gewisser Weise hatte er sie vermisst. Oh, nicht auf eine romantische Art und Weise – aber sie waren irgendwie verwandte Seelen. Und so sehr er seine (wenigen) Freunde hier an Bord auch schätzte – seine kriegerische Seite konnte er kaum mit jemandem diskutieren. Nicht einmal mit Samantha – auch wenn diese mehr gesehen hatte, als andere. Doch seine Freunde an Bord der Hephaistos waren alle das, was die Föderation ausmachte. Sureya sprach seine kriegerische Seite an, die nun nicht mehr an Bord war. Und genau darin lag eine Gefahr.
“Ich spare mir die Formalie zu fragen, ob ich offen sprechen kann, Captain. Darüber sind wir längst hinaus”, sagte er ernst. Er hatte sein Essen so gut wie nicht angerührt und schob den Teller nun von sich. Der Hunger, der in ihm brannte, konnte nicht durch Wild gestillt werden – und gleichzeitig würde kein Brot dieser Welt die Leere füllen oder das Feuer der Sorge löschen.
“Sie sind genau das Werkzeug, das jene brauchen, die dem Gott ‘Krieg’ Tempel bauen wollen. Sie rationalisieren alle Kampfhandlungen damit, dass Sie die Föderation schützen – und ich kann sie verstehen. Sie sagen, Sie kämpfen nicht für Ehre – doch bitte achten Sie darauf, dass Sie nicht irgendwann ohne Ehre kämpfen. Der Zweck heiligt nicht alle Mittel – noch versteht mein Volk das, auch wenn Sie die Lehren von Kahless zu dehnen beginnen. Ich kann nur hoffen, dass die Föderation nicht den Fehler macht, hier ein schlechtes Vorbild zu sein. Ich glaube, dass wir gerade im Krieg die Ideale nicht verlieren dürfen. Dass die Tatsache, dass wir eine ganze Schiffsklasse nach einer Rachegöttin benennen, mehr eine Kapitulation ist – ein Opfer auf dem großen Altar des Blutvergießens.” Ja, er hatte wir gesagt – ‘wir’ wie in ‘die Bürger der Föderation’. “Ich sah die Rhetorik der Präsidentin schon vor ihrem letzten Amtsantritt mit Besorgnis – ich kenne klingonische Kanzler, die sind mit weniger militaristischen Phrasen ins Amt gekommen. Ich habe mir meine Gedanken gemacht, als man eine Zackdorn mit großen Verdiensten als Militärstrategin zur FKOM berufen hat – und ich habe in den letzten Tagen meine spärliche Freizeit damit zugebracht, die Berichterstattung der Prawda mit der mir bekannten Realität zu vergleichen. Es scheint, als habe die Redaktion die Lehrbücher des romulanischen Kaiserreiches oder der cardassianischen Militärregierung gut verinnerlicht.” Er hielt kurz inne, bewegte den Kiefer so, dass es knackte – er war angespannt. “Es mag die Zeit kommen, da wir die Föderation vielleicht vor sich selbst schützen müssen… Und ja, mir ist bewusst, dass man dies als Insubordination auslegen könnte – vor allem wenn man es darauf anlegt, ‘diesen Klingonen’ loszuwerden. Sie könnten mich melden – aber ich weiß, Captain, dass in Ihrem Herzen die gleiche Sorge wohnt. Wir sind beide Schilde, Captain. Und wir wollen beide Frieden. Doch Ihnen hat man einen Hammer gegeben, wo ich versuche, mit dem Skalpell zu operieren. Ich bin nur ein Lieutenant – nicht einmal ein voller, um genau zu sein – und Sie Captain. Ich maße mir nicht an, auch nur anzudeuten, was Sie tun oder lassen sollten. Aber bitte erlauben Sie mir, Sie darum zu bitten, auf sich aufzupassen. Nicht auf ihren Körper – Sie sind mehr als bereit, ihr Leben zu geben und fähig, sich gegenüber Gefahren zu behaupten, das weiß ich wohl. Aber wie bei jedem von uns, ist Ihre Seele verwundbar. Wenn auf den Altären dieser Zeit schon die Ideale geopfert werden, ist die Zeit nicht weit, da uns noch mehr genommen wird. Ich bitte Sie – gedenken Sie meiner Worte. Lassen Sie nicht zu, eine Bestie dieses Krieges zu werden. Seien Sie Bastet, nicht Sachmet – wenn ich mir die Analogie aus der Religion ihrer Heimat erlauben darf. Und ich werde darauf hoffen, dass Sie dereinst das Richtige tun werden, wenn es darum geht, die Werte und Ideale der Föderation weiter hochzuhalten.”
Er wirkte sehr, sehr ernst. “Bitte – für uns alle.”
Sureya konnte trotz des ernsten Themas ein Schmunzeln nicht unterdrücken, als er sich der alten ägyptischen Götter ihrer Heimat, an die sie wider aller Logik und Aufgeklärtheit durchaus noch glaubte, als Analogie bediente. “Bastet würde wohl kaum zu mir passen, Ajur. Die Göttin der Fruchtbarkeit und Liebe… und Sachmet, die Göttin des Krieges, hat auch eine heilende Seite. Nein, solange ich nicht beginne, Seth zu verkörpern, ist mit mir alles im Reinen. Ich will weder Chaos, noch Verderben bringen.” Sie schüttelte leicht den Kopf, so dass die Perlen an den Enden ihrer Zöpfe leise klickten, und wurde wieder ernst. Sie sah ihm tief in die Augen, und ihr Blick schien zu sagen ‘Ich höre Dich’. So… fast schon emotional…hatte sie ihn noch nicht erlebt, und dass er seine Sorgen und Bedenken trotzdem in der ihm eigenen ruhigen Art vortrug, machte dieses Gefühl noch intensiver.
“Ja, wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen, und was wir eigentlich verteidigen. Die meisten Wesen sind sehr emotional und leicht manipulierbar. Niemand, der kein Vulkanier ist, kann sich davon freisprechen. Niemand ist vollkommen objektiv. Auch unsere Politiker und die Medien nicht. Gerade diese nicht.” Sie schnaubte kurz. “Ich habe stets bewundert, wie Sie mit Ihrem ‘Skalpell’ arbeiten, Ajur. Der Hammer liegt gut in meiner Hand, ich war schon immer eher die Frau für’s Grobe.”
Ein leicht melancholisches Lächeln stahl sich kurz in ihre Züge, war aber gleich wieder verschwunden. “Aber ich versichere Ihnen: ich werde nicht vergessen. Weder, wo wir herkommen, noch was wir eigentlich sind – und mit Sicherheit nicht, warum wir kämpfen. Ich werde meine Ehre, meinen persönlichen Codex, nicht vergessen. Dessen können Sie gewiss sein.” Die kleine Ägypterin nickte einmal, wie zur Bekräftigung.
“Doch Sie messen mir zu viel Bedeutung bei, Ajur. Ja, ich habe vielleicht das kampfstärkste Schiff der gesamten Flotte unter meinem Hintern, derzeit. Aber ich bin trotz allem nur ein Captain, mit einem Schiff. Die Nemesis mag in der Lage sein, im passenden Moment das Zünglein an der Waage sein zu können. Darauf hoffe ich. Auch ein Hammer kann mit Bedacht geschwungen werden. Ich bin in vielen Feuern geschmiedet worden. Ich kenne mich, und ich habe keine Illusionen mehr. Noch nie habe ich einen Befehl ausgeführt, ohne zunächst über ihn nachzudenken, ohne ihn mit meinem Gewissen in Einklang zu bringen. Und das werde ich auch in Zukunft nicht tun. Mein Gewissen… hat unsere Ideale tief eingraviert. Ich werde es nicht ignorieren.” Sureya sprach nun langsam und klang beinahe feierlich.
“Sie wissen besser als die meisten anderen, dass ich die Klingonen nie gehasst habe. Einzelne Individuen, aufgrund dessen, was sie getan haben, ja. Aber ein gesamtes Volk? Nein. Ich habe sie immer bewundert, und es schmerzt mich, zu sehen, was geschieht. Ich habe nicht vergessen, was war, und ich werde weiter auf das hoffen, was sein kann. Das verspreche ich Ihnen, Ajur.” Es klang mehr wie ein Schwur.
Nach einer kurzen Pause neigte die kleine Ägypterin ihren Kopf ein wenig zur Seite und ein kleines, verschmitztes Lächeln zupfte an ihren Mundwinkeln, ganz in der verspielten Art, die sie üblicherweise zur Schau trug. Doch ihre weiteren Worten waren alles andere als humorvoll. “Ich wünschte wirklich, wir könnten wieder zusammenarbeiten, Ajur. Was könnten wir gemeinsam erreichen.. Doch die Winde des Alls haben uns in unterschiedliche Richtungen getragen. Würden Sie mir etwas versprechen? Ein… Gefallen?” fragte sie langsam. “Falls meine Einschätzung falsch ist.. falls etwas passiert, das meine Kontrolle durchbricht und ich anfange, tatsächlich dem ‘Gott des Krieges’ zu huldigen, auch wenn ich es für unwahrscheinlich halte… halten Sie mich auf, Ajur. Wenn es dann noch jemand kann – dann Sie.” Ruhig und beinahe gelassen, wartete sie auf seine Antwort.
Er hörte all dies, dachte auch darüber nach, was er über Bastet und Sachmet gelesen hatte – doch würde er sicherlich nicht mit Sureya über ihre eigene Religion diskutieren. So begannen Feindschaften – und die konnten sie sich nun wirklich nicht leisten. Vor Allem nicht in diesen Zeiten, mit den Offenbarungen, die sie beide hier einander machten.
Ajur blickte sich um, schaute, wer alles zu ihnen schaute und vielleicht versuchte zuzuhören – doch auch wenn es vielleicht manche gab, die gerne etwas gegen ihn in der Hand haben würden, so war doch niemand so doof, absichtlich Captain Sureya Bateh zu belauschen. Jedenfalls nicht hier.
“Das werde ich.” sagte er dann, schlicht. “Wenn möglich friedlich. Falls nicht, werde ich schnell zuschlagen und alles aufbieten, was ich habe. Den Fehler, Sie zu unterschätzen, werde ich nicht begehen.” Dann lächelte er, das erste Mal in diesem Gespräch. “Und das sollten Sie auch nicht tun – sich unterschätzen, Captain. Ein Mann oder eine Frau können sehr wohl einen Unterschied machen. Gerade, wenn diese Person zu Allem entschlossen ist. So schreibt es Kahless. Tragen Sie es mit sich.”
Sureya lächelte nun auch und akzeptierte sein Versprechen mit einem Nicken. “Das werde ich, Ajur. Genauso, wie Sie.” langsam wischte sie sich die Hände an einer Serviette ab, um die Spuren des Olivenöls ihrer Mahlzeit zu beseitigen. Ihr war klar, dass es derzeit nichts mehr zu sagen gab, was sie nicht schon gesagt hätten. Jedenfalls nichts von Bedeutung. “Ich danke Ihnen.” Und sie ließ offen, ob für das gemeinsame Essen – von dem Ajur nicht viel verzehrt hatte -, das Gespräch im Allgemeinen, oder all die Dinge, die hinter dem Gesagten standen. Langsam erhob sie sich von ihrem Stuhl, und der um so vieles größere Klingone tat es ihr gleich. Für alle im Elysion, die zu ihnen sahen, deutlich, streckte sie ihm die Hand entgegen. “Auf ein baldiges Ende und den darauffolgenden neuen Anfang. Lassen Sie uns, sofern möglich, in Kontakt bleiben.”
“Sofern es die Missionen zulassen”, nickte er. Er ergriff ihren Unterarm und drückte diesen kräftig.
“Frieden oder ein ehrenvoller Tod”, wünschte er. Mehr gab es nicht zu sagen.
Kurz darauf schritten zwei Krieger, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten und sich doch verbunden fühlten, mit gemessenen Schritten und geraden Rücken aus dem Elysion, die Blicke vieler nachdenklich auf ihren Hinterköpfen.
</RPG>
<NRPG> Um euch die Einordnung des Gesagte zu erleichtern und lange Google-Sessions zu vermeiden, hier noch ein paar Informationen: ‘Jin’ ist die Bushido-Tugend der Güte und des Mitgefühls, ‘Eirene’ ist die griechische Göttin des Friedens (im lateinischen Pax), während die USS Cochrane Ende des 24. Jahrhunderts der Name eines Wissenschaftsschiffs der Oberth-Klasse ist. </NRPG>
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#Zeit: MD 95.1230 / SpD -5.1230
#Ort: USS Hephaistos, Elysion
Ajur und Sureya treffen sich ‘zufällig’ im Elysion zum Essen. Die dabei geführte tiefgründige Unterhaltung über den Krieg und die dahinter liegenden Motivationen führt zu einer Übereinkunft und einem Versprechen.
</SUM>
übermittelt von
Debora & Effi
aka
Cpt. Sureya Bateh
CO USS Nemesis
und
Lt. jg. Ajur, Sohn des Nedek
TAK USS Hephaistos